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Sie spürte, wie die Ungeduld in ihr brodelte. Verdammt noch mal, warum tat sie das hier? Jeden Morgen auf’s Neue.

Die gleichen Abläufe.
Die gleichen Rituale.
Die gleichen Gesichter.
Die gleichen Sprüche.

Ihr Rücken schmerzte heftig. Nach dem Essen musste sie wieder die Runde machen. Umlagern, Windeln wechseln, ins Bett bringen. Ihr graute jetzt schon davor. Nur in Gedanken zuckte sie mit der Schulter. So war das eben, Muskeln verhärteten, wenn keine Zeit blieb um Ausgleichssport zu machen. Sie war zu kaputt, wenn sie nach Hause kam.

Sie hob den Löffel. Diese Suppen rochen alle nach Maggikraut, tagein, tagaus. Eine leichte Übelkeit stieg in ihr auf. Kein Wunder, sie hatte noch nichts im Magen. Seit sechs Uhr war sie hier. Vor lauter Arbeit war keine Zeit zum Frühstücken gewesen. Ein dünner Kaffee mit Milch und doppelter Portion Zucker. Nicht genug Koffein, um das renitente Gebaren, die Boshaftigkeit mancher oder die Müdigkeit zu verscheuchen.

Verstohlen gähnte sie. Nächste Woche konnte sie morgens länger schlafen. Der Wecker würde nicht um 4.30 Uhr klingeln, sondern erst um 6.00 Uhr. Die Kinder mussten zur Schule, ihr Mann kam von der Nachtschicht im Stahlwerk. Zeit für sich hatten sie schon lange nicht mehr gefunden. Ihre Schichten passten nicht übereinander. Und selbst wenn, die Kinder…

Während sie mechanisch den Löffel in die Suppe tauchte, ihn an der Unterseite abstrich und zum offen stehenden, erwartungsvollen Mund führte, fragte sie sich, ob das ihr Leben sein sollte.

Betten machen, waschen, füttern, Windeln wechseln.
Betten machen, waschen, füttern.
Betten machen, waschen.
Betten machen.

Sie musste den Kindern noch beichten, dass sie am Wochenende nicht in den Zoo mit ihnen gehen konnte. Zwei Kollegen plötzlich krank, zwei in Urlaub. Sie musste einspringen.
Lars und Maike würden es nicht verstehen, das wusste sie schon jetzt. Konnte man von 8- und 10-jährigen verlangen, dass sie erkennen konnten, wo im Erwachsenenleben Prioritäten zu setzten waren? Sicherlich nicht. Genauso gut hätte sie ihrem momentanen Gegenüber die Relativitätstheorie erklären können – das Ergebnis wäre das gleiche gewesen.

Michael, ihr Ältester, würde achselzuckend in seinem Zimmer verschwinden. Mit seinen 15 Jahren kannte er dieses Spiel zur Genüge. Er hatte sich andere Beschäftigungen und Bezugspersonen verschafft. Seine Clique, die Pfadfinder… Und doch, trotz seiner Verschlossenheit, die sie wie gegen eine Mauer rennen ließ, war in ihrer beider Miteinander ein Verstehen.

Wie gerne wäre sie eine gute Mutter. Eine Vertraute. Die Zeit hatte - für die kleinen und großen Sorgen. Die nicht mit Ringen unter den Augen 10 Jahre älter aussah, als sie war.

Peter, ihrem Mann, würde das gefallen. Würde es ihm auffallen? Er machte Überstunden im Stahlwerk, Nachtschichten wann immer es ging wegen der Zuschläge. Um seiner Familie einmal im Jahr einen Urlaub auf einem Campingplatz an der Adria für 2 Wochen zu ermöglichen. Ferien, in denen er müde im Liegestuhl herumhing, sich mit den Kindern beschäftigte…aber keine Zweisamkeit aufkam zwischen ihr und ihm. Wie auch, wenn alle paar Minuten Lars oder Maike auftauchten, Michael war immer mit den Pfadfindern unterwegs…

Dabei liebten sie sich doch. Immer noch.

Wieder ein neuer Löffel Suppe in den zahnlosen Mund. Endloses Schmatzen, ein ekelhaftes Geräusch beim Schlucken. Grün-gelbe Tropfen auf dem als Latz umgelegten weißen Handtuch,. Speichelflocken in den Mundwinkeln.

Warum tat sie das? Menschlichkeit war nicht mehr modern. Schon lange nicht mehr.
Peterr nahm es nicht ernst. Bei ihm war alles geregelt, wenn die Maschinen liefen, funktionierten auch die Menschen. Dass sie und ihre Kolleginnen immer mehr Arbeit mit immer weniger Personal verrichten mussten, war halt so. Menschlichkeit gab es, wie alles, nicht umsonst. Leben war teuer.

Man musste arbeiten und zahlen.
Musste arbeiten und zahlen
Arbeiten, zahlen
Arbeiten

Der kahle Greis mit der durchscheinenden Haut und den tiefbraunen Augen versuchte mühsam, ein Lächeln auf die faltigen Lippen zu zaubern. Ein Suppentropfen hing an der Unterlippe, zittrig wie er selbst.

„Du bist so lieb!“ flüsterte er undeutlich.

Plötzlich verschwanden ihre Rückenschmerzen, sie spürte keine Ungeduld und sogar Peter und die Kinder waren weit, weit weg…

                                              


                     Der Kobold hockte da, krumm und mickrig.

Das im Vergleich zur Körpergröße überdimensional lange Gesicht mit der kleinen, scharfgeschnittenen Nase, der hohen Stirn, wurde von einem akkuraten Pagenkopf gekrönt.

Salz und Pfeffer, dachte sie. Wie Salz und Pfeffer ist die Haarfarbe. Das die Haare glatt und stumpf waren, verwunderte sie. Bei diesem Wesen wäre genau das Gegenteil zu erwarten gewesen.

Die Kreatur beobachtete mit, trotz seines Alters noch scharfen, Augen jede Bewegung von ihr. Riesige, schwarze Pupillen in tiefbraunen Augen glänzten höhnisch zwischen unzähligen Krähenfüßen, leicht überschattet von zwei dünnen Brauen.

Diese Augenbrauen waren mit das Angsteinflößendste am Gnom-Gesicht. In Sekundenschnelle konnten sich die schmalen Striche vereinigen, wurden auf unerklärliche Weise durch die Verschmelzung nicht nur länger, sondern auch dicker. Die Augen sprühten in solchen Momenten vor Missbilligung. Manchmal wurden die Geraden zu Kurven, welche sich in den dann aufgetürmten Hautfalten fast versteckten. Es war eine makabre Mischung aus Erstaunen und spöttischer Verachtung, die im Zusammenspiel mit dem Augenausdruck entstand. Das despektierliche Hochziehen der inneren Strichenden über der Nasenwurzel war für sie das Schlimmste. Dann wusste sie, dass sie eine Dummheit gemacht hatte, die nur mit Teilnahmslosigkeit und einer Spur herablassenden Mitleids von Seiten des Gnoms bestraft werden konnte.

Noch mehr fürchtete sie sich vor dem boshaften Glitzern hinter den zu winzigen Schlitzen geschlossenen Lider. Sie konnte sicher sein - Sekunden später öffnete der Gnom seine runzligen Lippen. Kaskaden voller Boshaftigkeit ergossen sich dann über sie. Nie beleidigte der Kobold sie. Nie beschimpfte er sie. Oh nein...das Wesen erteilte Instruktionen. Kein Bitte, kein Danke. Doch jedes Wort war getränkt mit einem Hauch von arrogantem Zynismus. Das Alter des Kobolds hatte seine Spuren auch hier hinterlassen. Die Töne, aus dem verkniffenen Mund hervorgestoßen, klangen übertrieben klar, jedoch brüchig. Wie hohle Pfeile schwirrten sie in die Umgebung, gefüllt mit dem langsam wirkenden Gift der maliziösen Niedertracht. Mit fast tödlicher Präzision trafen sie das Zielobjekt, immer und immer wieder. Bohrten sich durch die Gehörgänge bis in die hintersten Ecken des Unterbewusstseins.

Wenige Male hatte sie versucht, sich zu wehren.
Nein gesagt, Argumente entgegen gehalten. Versucht, die Stimme zu ignorieren. Doch der Preis für ihre Renitenz war zu hoch. Schon bald musste sie einsehen, das der Wicht die Fäden in der Hand hielt, sie wie eine Marionette tanzen lassen konnte und dies mit penetranter Gehässigkeit auch tat. Immer mehr Forderungen mussten erfüllt werden, immer weniger Gelegenheit erhielt sie, sie selbst zu sein. Tag und Nacht erwartete das Wesen ihre Bereitschaft. Lange Zeit schon war ihr kein tiefer Schlaf gegönnt gewesen. Immer nur kleine, traumlose Pausen von maximal zwei Stunden. Vielleicht war es ganz gut, dass sie nicht dazu kam. Sicherlich hatte der Kobold längst die Macht auch über ihre Traumbilder erlangt.

Das Glas, das ihr entgegen gestreckt wurde von den verkrümmten Fingern war rein und klar, gefüllt mit frischem Wasser, gewesen. Erst vor 5 Minuten hatte sie es dem Kobold hingestellt. Nun schwamm darin Blumenerde, mit den krallenartigen Fingern aus dem Azaleentopf gepult. Aggressiv und tückisch lauerten die Augen auf ihre Reaktion. Sie nahm das Glas wortlos und ging in die Küche. Stellte es in die Spülmaschine. Das Essen war schon vorbereitet. Der Gnom bestand darauf, jeden Tag aus dem Restaurant um die Ecke a la carte sein Mittagsgericht auszuwählen. Geld spielte keine Rolle. Selbst jetzt noch verwaltete das Wesen seinen Goldschatz noch selbst. Ließ sich nicht in die Karten schauen von anderen.

Es führte Listen über Listen, vermerkte jede einzelne Ausgabe mit der winzig-krakeligen Schrift in Notizbüchern. Ließ sich von nichts und niemanden hinters Licht führen. Mehr noch – seine geistigen Fähigkeiten schienen sich proportional zum körperlichen Kräfteabbau zu steigern. Sie entfernte den Klarsichtdeckel von dem dreigeteilten Porzellanteller und stellte die Mahlzeit in die Mikrowelle. Nahm ein neues Glas aus dem Schrank, füllte es mit Wasser und einer Brausetablette Calcium. Draußen hörte sie den Kobold ungeduldig vor sich hin murmeln. Ihr erschien es unglaublich, was in diesen winzigen, verkrüppelten Körper hineinpasste.

Gierig stopfte der Gnom alles Essbare in sich hinein, schlang Frühstück, Mittag und Abend hinunter, verlangte nach Kuchen, Süßigkeiten. Jede Schokoladentafel wurde sorgfältig nach dem Verfallsdatum abgesucht. Das erhitzte Mahl stellte sie zusammen mit dem Glas auf ein Tablett. Rührte kurz die dickliche Soße des Fleischbereiches um, tauchte kurz den Finger hinein und schleckte ihn ab. Der Gnom konnte sie nicht sehen. Ansonsten wäre das Essen von ihm auf den Teppich geschmissen worden. Etwas fehlte noch.

Der Kobold wartete schon, ungeduldig trommelten seine Finger auf der Tischdecke. Sie stellte das Tablett ab. Dann begann sie, alles in kleine, mundgerechte Stücke zu schneiden. Hungrig grunzte der Gnom ab und zu, die Augen lauernd auf jede ihrer Bewegungen geheftet. Zufrieden mit ihrem Werk sah sie, wie er mit einem Esslöffel die Nahrung zwischen die welken Lippen beförderte, hastig schluckte. Als er den Teller bis auf einen geringen Rest geleert hatte, fiel sein Blick auf das neue Glas.

Hob es anklagend hoch, fixierte sie strafend. Sie wendete sich ab, blickte zum Fenster hinaus in die gerade erwachende Natur des Frühjahrs. Vorwitzige Osterglocken reckten ihre jungen Triebe durch die frische Grasnarbe, Vögel zwitscherten. Plötzlich schlich sich in den Blick des Biestes ein schmerzlicher Ausdruck. Der Kobold ließ das Glas fallen.

Tausende winziger Splitter glänzten und funkelten als wären es Diamanten. Kraftlos fielen die Arme des Wesens herunter. Das Atmen schien ihm schwerer zu fallen, keuchend entrang sich der faltigen Kehle ein Schluchzen. Noch einmal bäumte sich die Kreatur in ihrem Rollstuhl auf, sackte dann leblos in sich zusammen.

Sie drehte sich vom Fenster zum Kobold. Tippte ihn mit einem Finger vorsichtig an. Klaubte die Diamanten auf. Legte sie auf das Tablett. Sie lächelte.

Der Kobold hatte keine Macht mehr über sie.
Das Leben konnte beginnen...

Mutter war tot.



Manchmal
will ich verletzen
Böses tun

möchte ich schreien
mit dem Fuß aufstampfen
wie damals als Kind

könnte ich weinen
heulen, klagen
jaulen wie ein verletzter Hund

würde ich mich gerne verkriechen
verlassen und allein
nur mit mir selbst leben

wäre ich gerne der Regen
pladdernd, dicktropfig
alles durchnässend

Manchmal..
träume ich davon
all dies wirklich zu tun

… und nicht mehr nett zu sein



Sie hatte nicht vor, sich in diesen Affenzirkus zu begeben und selbst einer von den Affen zu werden. Niemals! Die würden sie nicht dazu kriegen, DIE NICHT! „Nein!“

Schrill tönte der Ruf. Sie hatte nicht vor, sich in diesen Affenzirkus zu begeben und selbst einer von den Affen zu werden. Niemals! Die würden sie nicht dazu kriegen, DIE NICHT!
Ihre weißen Haare standen zu Berge, während sie verzweifelt und unter Aufbietung all ihrer spärlichen Kräfte versuchte, sich gegen DIE zu wehren.

DIE waren gleich aussehende, weißgekleidete Unmenschen, die ihr Qual zufügten. Die nicht verstehen wollten, dass sie am Ende ihrer Kraft und ihres Willens angelangt war. Sie wollte ruhig hier liegen, die weiße Decke anstarren und an die alten Zeiten denken. Ab und zu verspürte sie Schmerzen im gekrümmten Rücken, ab und an spürte sie das unrhythmische Schlagen ihres Herzens. Das waren die Momente, wo sie sich sehnte nach ewiger Ruhe.

Tiefer Schlaf. Ohne Träume, ohne Erwachen am Morgen, wenn frische Weißgekleidete die grelle Deckenbeleuchtung einschalteten und widerlich munter ihr „Guten Morgen!“ in das Zimmer brüllten. Wenn das Wasser in die metallene Schüssel platschte, geschäftige Hände nach einem penetranten „Naaaa….gut geschlafen?“ die Bettdecke wegzogen und sich ohne Umschweife daran machten, sämtliche Kissen, auch das unter ihrem Kopf, zu entfernen. Niemand wartete auf eine Antwort. Da lag sie dann, steif von der langen Nacht und mit überstrecktem Nacken. Hilflos. Nackt. Ausgeliefert diesen jungen, lebhaften Menschen, die ihr Leben noch vor sich hatten. Besonders peinlich war es, wenn dieser Junge – zugegeben ein sehr netter, der versuchte nicht allzu genau hinzusehen- sie wusch. Obenrum ging ja noch. Aber unterhalb der Gürtellinie…Nicht nur, dass der Weiße sie nackt sah, auch die anderen drei Frauen im Zimmer! Immerhin waren die meistens genauso stumm wie sie. Ab und zu ein Stöhnen, manchmal unverständliches Gebrabbel. Jede von ihnen lebte in ihrer eigenen Welt, in dem riesigen Zimmer durch unsichtbare Mauern voneinander getrennt.

Die Weißen zogen sie an. Niemand fragte, ob sie lieber im Bett bleiben wollte. Diesem wohlig warmen, Schutz bietendem Lager, in dem ihre Gedanken gehen konnten, wohin sie es wollte. Manchmal sah sie Szenen ihres Lebens an der Decke, wie in einem Film. Manchmal sah sie nur Schwärze. Finsternis, die Frieden versprach. Ihre Gelenke knackten, die Muskeln revoltierten, als man sie aufsetzte und mit ekelhaftiger Geschwätzigkeit versuchte, ihr eine Antwort zu entlocken. Alles in einem Kleinkinderton, so als sei sie nicht in der Lage zu verstehen.

Sie wollte nicht reden! Zuviel geredet hatte sie schon in ihrem Leben. Nie hatte es etwas genützt. Weder bei ihrem schon seit Jahrzehnten toten Mann noch bei ihren Kindern, die kaum Zeit fanden, sie zu besuchen. Sie hatten nicht auf sie gehört, ihre Ratschläge, ihre Wünsche, ihre…ach was, vorbei. Selbst hier hatten sie nicht auf sie reagiert. Dabei ging es doch um sie. Um sie und ihre schlaffe rechte Körperhälfte, diesen nutzlosen Arm, der energielos herum schaukelte, um das Bein, welches ihrem Willen nicht gehorchte.

So wollte und konnte sie nicht weiterleben, das stand schnell fest für sie. Nicht mehr zuhause sein, sich selbst die kleinen Mahlzeiten nach ihrem Gusto bereiten zu können, ihre Möbel und den altersschwachen Dackel um sich herum, die unzähligen Bücher…
Am Anfang hatte sie Untersuchungen abgelehnt, geschrieen, dann Trinken und Essen verweigert. Die Weißen telefonierten mit ihren Kindern und rückten mit Infusionen und Magensonden an. Sie gaben ihr Pillen, die sie als einziges gehorsam in den Mund steckte und sobald die Weißen das Zimmer verlassen hatten, wieder ausspuckte. Im Laufe der Zeit hatte sie diese Methode perfektioniert. Mit der Zunge schob sie die Pillen zur Seite, biss die Zähne fest zusammen und schluckte dann. Jeder der Weißen hatte sich täuschen lassen durch die augenscheinliche Bewegung ihres Kehlkopfes.

Als dieser fremde Mann auftauchte und sie seltsame Dinge fragte, wurde sie noch unzugänglicher. Als wenn sie nicht genau wüsste, wer derzeit Bundeskanzler ist, wo sie geboren ist und als wenn sie nicht drei und vier zusammenrechnen könnte! Nur weil diese gottverdammte rechte Seite nicht funktionierte, war sie doch nicht geistig behindert. Sie beschloss zu schweigen. Sah den Fremden nur aus großen Augen an mit abweisendem Gesichtsausdruck.

Kurz darauf standen ihr Sohn und ihre Tochter mit sorgenvoller Miene an ihrem Bett. Natürlich hatten sie jede Menge funkelnagelneuer Nachthemden mitgebracht. Weil weder ihre Tochter noch die Schwiegertochter Zeit hatten, sich um ihre Wäsche zu kümmern. Kaufen war einfacher. Ihre Kinder redeten auf sie ein. Dass sie doch einsehen sollte, sie würde gebraucht. Gebraucht – von wem? Wofür? Sie war lange genug in ihrem Leben gebraucht worden, als Zimmermädchen, Köchin, Putzfrau, Mutter, Ehefrau. Immer da und verfügbar. Verbraucht. Sie antwortete nicht auf die Vorhaltungen. Drehte ihren Kopf zur Seite und schaute aus dem Fenster. Bis die Kinder genervt wieder gingen.

Die Weißen gaben nicht so schnell auf. Sie traktierten sie mit Infusionen, Spritzen. So gut es ging, wehrte sie sich. Aber wie sollte eine alte Frau sich schon verteidigen, wenn sie nur mit links um sich schlagen konnte? Immer wieder versuchten die Weißen, sie zum Essen zu animieren. Schoben sie im Rollstuhl in den hochtrabend „Frühstücksecke“ genannten Bereich des Stationsflures. Eine sabbernde Anhäufung menschlichen Elends saß dort stumpfsinnig versammelt und starrte auf die Tischdecke. Schnabeltassen aus fleckig gewordenem Plastik stapelten sich auf der Tischmitte, flankiert von verstaubten Kunstblumensträußchen. Das Frühstück bestand aus labberigem Kaffee, vertrockneten Brotscheiben und den immer gleichen Marmeladen-Portionspackungen. Sonntags sogar ein hart gekochtes Ei und Wurstscheiben. Allein die Wurst, mit eingetrockneten Rändern, reichte schon, jeglichen eventuellen Appetit zu verscheuchen. Nicht mal ihrem Fritzi hätte sie diese Wurst vorgesetzt. Fritzi – eingeschläfert auf Anordnung ihres Sohnes, der für sie die Pflegschaft erhalten hatte. Inklusive Aufenthaltsbestimmung und Kontenvollmacht. Sie besaß nicht viel, Geldgier war wohl nicht das treibende Element bei der unverhofften Aufopferungsbereitschaft ihres Sohnes gewesen. Aber was dann? Etwa Liebe? Bestimmt nicht. Dazu kannte sie ihre Kinder zu gut…

Sie wusste, dass sie den Rest ihres Lebens nicht mehr in der Hand hatte. Dass andere über sie bestimmen würden. Sie hatte nicht die Kraft, weiter zu kämpfen, in endloser Schleife dem weiteren Verfall des eigenen Körpers zuzusehen. Sie würde schweigen, wie bisher. Das hatte sie sich selbst versprochen. Einen kläglichen Rest von Würde wollte sie sich erhalten! Und trotzdem…

„Nein!“

Schrill tönte der Ruf. Sie hatte nicht vor, sich in diesen Affenzirkus zu begeben und selbst einer von den Affen zu werden. Niemals! Die würden sie nicht dazu kriegen, DIE NICHT! SIE würde nicht in einer Runde sitzen und mit sabbernden Mitteilnehmern Gymnastik im Rollstuhl machen – NIEMALS!



Jetzt war es soweit! Er musste sich entscheiden…Weiter? Immer weiter…?!

Hatte er früher jemals darüber nachgedacht, was und wie es sein würde?

Dass irgendwann einmal Schluss wäre, war klar. Aber nie war diese Konsequenz allen Lebens so wirklich in sein Bewusstsein gedrungen. Vielleicht hatte er es auch einfach nur verdrängt. Oder keine Zeit zum Weiterdenken gefunden. Der Beruf, die Familie, die Hobbys.

Wenn er genau nachdachte, war er außer den wenigen Stunden Schlaf den ganzen Tag über beschäftigt gewesen. Mit Nebensächlichkeiten.

Jetzt wusste er, wie der blendende Sonnenstrahl an einem diesigem Mittag durch die Wolkendecke fiel, erspähte mit minutiöser Aufmerksamkeit die Anstrengungen der Fliege, die surrend – und vergeblich - danach trachtete die Fensterscheibe zu durchbrechen. Sah mit gleißender, erschreckender Klarheit alle Fehler seiner Lebenslaufbahn. Erkannte die verpassten Chancen. Sah die verbliebenen Möglichkeiten.

Hatte er nicht immer vollmundig getönt, wenn er Krebs oder irgendeine dieser gottverdammten Krankheiten bekam, die mit Siechtum, Entwürdigung und unerträglichen Schmerzen einhergingen, dass er dann kurzen Prozess machen würde?
Dass er niemals zu einem Pflegefall würde? Seine Würde nicht angetastet werden sollte?

Jeder hatte ihm seine Absicht geglaubt. Sogar er selbst. Soviel zum Prozess des Selbstbetruges… Alle hatten sie ihm zugetraut, dass er im Fall des Falles sich eine Kugel in den Kopf schießen, sich mit einer Überdosis Medikamente das Leben nehmen oder einfach in irgendeinen Abgrund springen würde.

Und nun?

Nun lag er hier. Angeschlossen an Apparate, Infusionen. Mit Schmerzen und nicht einem Haar mehr auf dem ehemals üppig bewachsenem Schopf. Seine Schwachheit musste zulassen, dass wildfremde Menschen in wuschen, seinen Hintern abputzten, ja – sogar dass er Windeln tragen musste wie ein Baby, weil die Chemotherapie bei ihm für Durchfall sorgte.

Er beruhigte sein schlechtes Gewissen mit dem Argument, dass er schließlich keine Kraft mehr hatte, diesem Elend ein Ende zu setzen. Dass er sich nicht entscheiden konnte! Doch tief in seinem Inneren verdammte er sich für seine Feigheit. Alles nur Ausreden. Viel früher hätte er sich Gedanken machen, den Schlussstrich ziehen, müssen. Jetzt war es zu spät.

War es wirklich feige, seinem Leben kein Ende zu setzen? War es nicht mutiger, trotz allem weiterzuleben? Andererseits - bewusst alles zu beenden, was menschliche Existenz bedeutete erforderte vielleicht mehr Kraft, als das Leben weiter zu führen. Schließlich wusste niemand, was danach kam…

Während er geschwächt von seinen Überlegungen in einen hellwachen Dämmerzustand hinüber glitt, formte sich ein neuer Gedanke: Ich will!

Ich will leben. Egal wie! LEBEN!



Er hatte Zeit.
Viel Zeit.
Unendlich viel Zeit.


Sein Blick irrte an den Wänden entlang, hangelte sich an der leicht flackernden Neonröhre weiter und blieb schließlich an jenem orangenen Ding hängen, das als Patientenmeldeanlage bezeichnet wurde. Sein Blick wanderte hinüber zu dem Kruzifix an der Wand. Hing da wie ein nasser Sack, der Jesus. Der zeigte sein Leiden. Da war er eindeutig besser!

Er versuchte jeden Tag aufs Neue, möglichst nicht krank auszusehen. Er übersah die eingefallenen Wangen, das schlechtrasierte Kinn. Ignorierte die schwachen Beine, die seinen ausgemergelten Körper kaum zum Waschbecken trugen. Versuchte möglichst nicht um Hilfe zu bitten oder zu klingeln.

Früher hatte das Ding, welches vor seiner Nase herum baumelte, noch Schwesternschelle geheißen.
Aber früher war lange her.
Viel zu lange.

Damals hatte sich Elisabeth noch Mühe gegeben.
Jeden Tag war sie gekommen. Morgens gegen Zehn, und dann, nach drei Stunden und dem Mittagessen, für eine Stunde gegangen. Wenn sie dann wiederkam, hatte sie neue Zeitungen mitgebracht. Manchmal auch umwehte sie ein neuer Duft, wahrscheinlich war sie einfach in eines der großen Kaufhäuser oder in eine der zahlreichen Parfümerien spaziert.
Konnte sie den Geruch nach Krankheit nicht mehr ertragen, den er um sich herum verbreitete?

Das Hospital lag in der Mitte der Stadt, ein deplaziert anmutender Bau aus dem 19. Jahrhundert, mit Giebelchen hier und Zierbogen dort. Alles war in einem scheußlichen, an Diarrhöe erinnernden, grau-grün-beige gestrichen. Die Zimmerwände innen strahlten weiß, die Vorhänge aus dünnem, hellblauem Stoff hingen vor undichten Holzfenstern. Nein, es war kein Ort, an dem man sich sicher aufgehoben fühlen konnte. Unpersönlich und kalt, abweisend. Da konnten die Ärzte noch so gut und das Pflegepersonal noch so freundlich sein.
Wahrscheinlich waren die sowieso nur so zuvorkommend, weil er Privatpatient war.

Oft hatte Elisabeth ein neues Kostüm angehabt. Dezent, aber raffiniert geschnitten. Nie in knalligen Farben, jedoch mit einem pfiffigen Detail. Immer aber mit kleinen Schlitzen an der Seite, die den Blick auf ihre immer noch makellosen, wohlgeformten Beine frei gegeben hatten, wenn sie sich hinsetzte. Endlos lange Beine, mit weicher Haut.

Geredet hatten sie nie viel miteinander. Schon früher nicht, bevor er krank wurde. Man musste nicht reden, wenn man sich liebte.

Nur manchmal hatte er versucht, sie auf ihre ausgedehnten Einkaufstouren anzusprechen. Fünf Stunden durch Boutiquen zu laufen, nur um mit einem winzigen Etwas von Bikini heimzukehren?
Dieses glückliche Lächeln, ihre strahlenden Augen … das konnte nicht nur am Rausch des Einkaufens liegen. Hatte sie bei einem ihrer Einkaufsbummel einen gutaussehenden, jungen Mann kennengelernt? Wie oft schon hatte er sich in seiner Einbildung vorgestellt, wieder leistungsfähig zu sein. Ein ganzer Mann. Ein Ehemann. Er wusste es nicht.
Wollte es nicht wissen.

Wie lange war das her?
Wen hatte sie getroffen?
Wirklich nur Freundinnen?

Elisabeth saß bei ihren Besuchen im Krankenhaus einfach da und war präsent.
Das reichte. Ihm reichte es. Musste reichen.
Schweigend hatten sie, jeder eine Illustrierte für sich, die Seiten umgeblättert und die neuesten Skandalgeschichten vom englischen Hof gelesen. Nun ja, gelesen war zuviel gesagt. Er hatte mehr die Seiten angeschaut, auf denen von Prominentenbällen berichtet wurde. Lesen strengte ihn an. Kennerisch hatte er die jungen Frauen betrachtet, welche mit nicht viel mehr an als einem Hauch Stoff bekleidet, andere berühmte Leute trafen und sich amüsierten.

Amüsieren konnte und wollte er sich nicht mehr.
Nicht ohne Elisabeth.

„Schwerste Koronarsklerose“ hatte der Arzt wenige Tage nach seiner Einlieferung in das Hospital gesagt und mit einem betrübten Lächeln die dicke Akte an die junge Schwester weitergereicht.
„Wir tun, was wir können. Aber Sie müssen jede Aufregung vermeiden. Sie hatten schon zwei Infarkte, einen dritten …“. Der junge Arzt, sportlich, gutaussehend, hatte mit den Schultern leicht gezuckt. „Tja, wenn nicht ihr Prostata-Krebs dabei wäre, und dann noch der Diabetes!“

Ob dieser Jüngling eigentlich wusste, was er da verlangte? Das eigene Ende vor Augen, da sollte er sich nicht aufregen?

Sie war an diesem Tag erst nach der Visite gekommen.
Hatte sie mit dem Stationsarzt gesprochen? Mit ihm gelacht, gescherzt, geflirtet? Sich gar über diesen kranken Torso hinter der Zimmertüre lustig gemacht, über dessen Eifersucht?
Über diesen Körper, der kein Ehemann war, sondern nur ein langsam dahin sterbendes Stück Fleisch?

Elisabeth …, immer noch jung aussehend, mit diesen Grübchen, wenn sie lächelte. Dynamisch und selbstbewusst – und 20 Jahre jünger als er. Sie war Mitte 40. Jetzt hatte sie einen Mann am Hals, der andauernd im Krankenhaus lag und so oder so vor sich hinsiechte.

Anfangs hatte es ihn fast wahnsinnig gemacht, seiner Frau eine solche Last zu sein. Er, der erfolgreiche Geschäftsmann, Leiter einer bedeutenden Firma in der Finanzbranche. Obwohl Elisabeth nie mit einem Wort geklagt hatte. Nur er war in Depressionen verfallen, hatte sich schuldig gefühlt. Weil er glaubte, das Glück herausgefordert zu haben. Beruflicher Erfolg und eine schöne Frau – das Schicksal tarierte die Waage immer aus.
Aber darüber war er mittlerweile hinweg. Was konnte er denn dafür, wenn sein Körper streikte? Er hatte es sich nicht ausgesucht, dieses zu Verstopfungen neigende Herz. Auch nicht seinen Diabetes. Erst recht nicht diesen verdammten Krebs in seinem Unterleib. Nein, schuldig fühlte er sich nicht mehr. Gelassen nahm er sein Los an. Er hatte verloren…

Leise klopfte es an der uringelben Zimmertüre und sofort betrat die Stationsschwester mit den Ausmaßen eines Preisboxers und dem Gehabe eines Feldmarschalls den Raum.
Was wollte die jetzt schon wieder von ihm? Sie sollte ihn in Ruhe lassen, Elisabeth würde auch nicht kommen, da war er sich sicher.
Nicht nach heute morgen…

Direkt hinter der Schwester tauchte der Stationsarzt auf. Mit einem kleinen Anflug von Boshaftigkeit registrierte er, dass der junge Spund, wie er ihn in Gedanken nannte, betreten zur Schwester blickte. Sah dem ähnlich, dass er sich bei diesem Dragoner Beistand holen musste.
„Ich habe zwei … mmhm … schlechte Nachrichten für Sie. Schwester, haben Sie die Diazepam-Spritze bereit?“ Der Hospital-Zerberus nickte grimmig.

Herrgottnochmal, er war doch kein kleines Kind. Warum machten die so einen Aufstand?
Glaubten die tatsächlich, er würde sich freiwillig dieses Diazedingsbums spritzen lassen und in einem Meer von Nebel und vagen Geräuschen versinken?
Während der weibliche Folterknecht sein Werkzeuge präsentierte, eine höhnisch glänzende, spitze Kanüle auf einer Fünf-ml-Spritze aus kitschig-grünem Plastik und strahlend weiße Wattetupfer, überfiel der Arzt ihn mit einer medizinerspezifischen Quälmethode. Er hielt ihm Röntgenbilder unter die Nase. Quatschte, mit Fremdworten gespickten, Müll. Transaminasen, Nierenwerte.

Was interessierte ihn das alles noch? Es war ihm egal, ob die Werte schlechter wurden.
Er wusste, dass Elisabeth nicht kommen würde. Das war das Schlimmste, was passieren konnte.

„Und dann ist da noch etwas … Ihre Frau … mhmm … also, Ihre Frau ist heute Mittag verstorben.“ Der Spund druckste herum, aber beobachtete ihn genau.
„Meine Frau ist tot? Nein, das kann nicht sein! Sie war heute Morgen doch noch … nein, nein, wollen Sie mich umbringen? Das ist kein guter Scherz, mein lieber Doktor!“
„Es tut mir wirklich sehr leid, aber bitte, regen Sie sich nicht auf!“ Hilflos schaute der Arzt die Stationsschwester an. Doch die zuckte nur mit den Schultern und ging zum Fenster. „Bitte …. Ihre Frau ist in einem Kaufhaus zusammengebrochen. Sie war völlig unterzuckert. Der Notarzt konnte leider nichts mehr für sie tun.“

Er lehnte sich keuchend in die Kissen zurück. „Meine Frau … gesund war sie auch nicht. Sie hatte Zucker, nicht schlimm, nicht so wie ich, aber na ja. Früher hat sie immer alle möglichen Diäten ausprobiert …wahrscheinlich ist ihre Bauchspeicheldrüse damals…oder was meinen Sie?“
Der Arzt nickte verständnisvoll, gab aber keine Antwort. „Möchten Sie vielleicht eine kleine Beruhigung?“ fragte die Schwester mit der Spritze.
„Nein, danke, es geht schon so. Würden Sie mich jetzt bitte alleine lassen?“

In Gedanken drehte sich bei ihm alles nur um Elisabeth, seine schöne, störrische, untreue Liebe. Bald würde er bei ihr sein, ohne Schmerzen, ohne Luftnot, ohne eisernen Ring um die Brust. Wenn es einen Himmel gab, würden sie sich dort wiedersehen. Und auf ewig zusammensein. Er würde wieder der Mann sein, der er einmal war.

Zupackend, attraktiv. Ohne diesen Katheder, ohne Urinbeutel. Er würde nicht mehr darauf angewiesen sein, von wildfremden Schwestern und Pflegern den Hintern abgeputzt zu bekommen.
Elisabeth würde wieder zu ihm zurückkehren, mit ihrem wunderbaren Körper und vor allem ihrer Seele. Liebe bis in alle Ewigkeit hatten sie sich doch geschworen vor dem Traualtar.
Im Himmel gab es keine Eitelkeit. Dort gab es keine Kaufhäuser, in denen sie Geld zum Fenster hinauswerfen konnte oder Parfümerien. Weder Illustrierte noch Boutiquen, kein Schweigen.

Welch Glück, dass Elisabeth ihm die Medikamente vor einigen Tagen auf sein Verlangen hin von Zuhause mitgebracht hatte. Auch das hatte ihn einiges an Kraft gekostet. Seine Frau war der Ansicht, er würde doch hier genug Pillen bekommen, wozu dann die eigenen…. Klang er überzeugend? Schlussendlich hatte sie ihm die Medikamente dann doch mitgebracht. Achselzuckend war die Packung von ihr in die Schublade gelegt worden. Wenn er es unbedingt so haben wollte, bitte schön!

Keine der Schwestern hatte es gemerkt, dabei lagen die Tabletten in seinem Nachttischchen, griffbereit, direkt neben dem Rasierer.

Dann hieß es vorsichtig sein. Es hatte ihn Mühe gekostet, Haltung zu bewahren und nicht allzu aufgekratzt zu erscheinen, als Elisabeth, nach langem Bitten seinerseits, das Glas in einem Zug ausgetrunken hatte. Er hatte behauptet, sie sähe nach Vitaminmangel aus. Dabei tat ihm ihre makellose Schönheit fast körperlich weh. Natürlich wollte sie zuerst nicht. Trotz seiner Krankheit schien ihm jedoch noch ein kleiner Rest Überredungskunst geblieben zu sein.

Oder war es einfach Mitleid auf Elisabeths Seite? Konnte sie ihm, der lebenden Leiche, einen ihm scheinbar wichtigen Wunsch nicht abschlagen?
Sie hatte nichts bemerkt von den zehn aufgelösten Antidiabetesmedikamenten in dem Orangensaft heute Morgen.

Oh ja, seine schöne Elisabeth war kerngesund gewesen, keine Spur Diabetes. Er vertraute darauf, dass die Ärzte ihm glauben würden bei seiner Lüge und keine Obduktion anordneten. Er schauderte bei dem Gedanken, sah Elisabeth mit aufgesägtem Brustkorb auf einem Edelstahltisch liegen. Zerstörte Schönheit.

Das durfte nicht passieren!
Übertrieb er jetzt?
Egal, es kam nun darauf an, jegliche Zweifel zu zerstreuen.
Aber warum sollte er lügen?
Und wenn sie ihm nicht glaubten?
Nein, er war todkrank, niemand würde ihm ernsthaft eine solche Gemeinheit zutrauen…

Mit zitternden Händen drückte er die restlichen 10 kleinen, weißen Diabetes-Tabletten aus der Alufolie, betrachtete sie einige Sekunden, legte sie einzeln in seinen Mund und schluckte.

Er hatte nun Zeit.
Viel Zeit.
Unendlich viel Zeit



Sie atmete tief durch. Na ja, so tief es das altmodische Mieder unter dem geblümten Kittelkleid und dem dicken Wintermantel eben zuließ. Die kalte Winterluft strömte durch ihre Nase in die Lungen. Sie konnte deutlich den moddrigen, feuchten Geruch nach Erde und vergammelten Blumen riechen, der so typisch für ihren Aufenthaltsort war. Aber er störte sie nicht.
Im Gegenteil: erwachte sie morgens in ihrem dicken, schweren Federbett, galt ihr zweiter Gedanke dem Gang zu jenem Ort, zu den Gerüchen. Sie war fast süchtig nach dem fauligen Geruch.
Der erste Gedanke war gänzlich anderer Natur. Mit einem gewissen Erstaunen und auch einer Spur Erleichterung stellte sie morgens fest, dass sie noch lebte. Sie war nicht unverhofft im Schlaf gestorben, so wie es ihres Eindruckes nach, in den letzten Jahren immer häufiger vor allem jungen Menschen passierte.
Diese Leute hatten doch das Leben noch gar nicht richtig ausgekostet! Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein 60-jähriger keine Pläne mehr hatte, keine Sehnsüchte, die erfüllt werden wollten. 

Nochmals atmete sie tief ein.
Nur sie lebte immer noch! Dabei war sie doch wirklich schon genug im Leben herumgekommen, hatte Tiefen und Höhen erkundet, war gereist ... hatte ein erfülltes Leben gehabt. Sie könnte mit ruhigem Gewissen gehen.
Gut - die Ehe mit Hermann war nicht immer das Wahre gewesen. In jungen Jahren hatte sie öfter daran gezweifelt, ob er wirklich der Richtige war. Aber Konventionen, der unbestreitbare gesellschaftliche Aufstieg und eine Lethargie, die ihr sonst eigentlich unähnlich gewesen war, hatten sie abgehalten, einfach zu verschwinden. Hermann war nett, ein perfekter Ehemann, ein ehrgeiziger Arbeiter, der es bis in die Geschäftsführungsetage eines Stahlkonzerns geschafft hatte. Er hatte von der Pike auf gelernt und sich hochgedient. Eloquenz war zwar nie seine Stärke gewesen, aber die Arbeiter und die Herren aus der Vorstandsetage hatten sich auf ihn und seine Worte verlassen können. Vielleicht hatte es an der fehlenden Fähigkeit, nur leere Wortblasen abzusondern, gelegen, dass sie beide nur selten zu Festen eingeladen worden waren. Aber weder sie noch Hermann hatte das wirklich gestört. Andererseits hatte sie immer den langweilig verlaufenden Alltag ihrer Ehe gehasst, träumte von Theaterbesuchen. 
 
Vielleicht wäre alles anders gelaufen, wenn sie Kinder bekommen hätten. „Lebende Kinder“, verbesserte sie sich in Gedanken. Zwei Fehlgeburten, und dann die Resignation. Das trotzige „Weiterversuchen“ hatten beide schnell aufgegeben, überhaupt ging es früher gar nicht in erster Linie um die Befriedigung körperlicher Gelüste. Das Wort „Sex“ erschien ihr heute noch anstößig. Zudem war Herman viel zu beschäftigt gewesen. Irgendwann war es zu spät gewesen für sie beide. statt sich um die Aufzucht von Kindern zu kümmern, war sie in der Gemeinde aktiv geworden. Nicht dass sie sonderlich gläubig gewesen war, es ergab sich halt nur diese Möglichkeit in dem kleinen Städtchen am Rande des Ruhrgebietes. Mit Elan hatte sie sich für Neuerungen im Gemeindeleben eingesetzt und war oft genug mit dem alten Pfarrer aneinandergeraten. Dieser war dann überraschend mit noch nicht einmal 50 Jahren verstorben. Herzinfarkt.  Sein Nachfolger war ein junger, von den Idealen der 60er Jahre durchdrungener Kaplan geworden. 

Ein Lächeln stahl sich auf ihre faltigen, vom eisigen Wind fast blauen, Lippen. Der Kaplan war ihr einziger Verbündeter geworden. Gemeinsam hatten sie den Jugendtreff aufgebaut, dem Kirchenchor einige Gospellieder ins Repertoire geschmuggelt und sogar die Ausschmückung der Kirche zu den Messzeiten revolutioniert. Statt überbordender Blumengestecke und stinkender Weihrauchkerzen wurden zweckentfremdete Bettlaken mit den jeweils aktuellen Predigtmotti und nach Lavendel oder Vanille duftende Teelichter auf den Bänken und am Altar verteilt. Aber auch der ehemals junge Kaplan war schon einige Jahre tot.

Sie hob die schmalen Schultern und schlug den Mantelkragen hoch. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, trippelnd kleine Schritte auf dem Kiesweg. Sie musste aufpassen, dass sie nicht fiel, außer ihr war kein Mensch mehr da.
Mit 76, vier Jahre nach dem plötzlichen Hinscheiden von Hermann, hatte ihr Leben am seidenen Faden gehangen. Wie immer war sie morgens ins Bad gegangen, und dann - zack - war es dunkel um sie geworden. Als hätte jemand das Licht ausgeknipst. Erst Nachmittags war sie im Krankenhaus auf der Intensivstation wieder zu sich gekommen, umgeben von Drähten, Sensoren und piepsenden Maschinen. Fremde Schwestern und Ärzte waren um sie herumgestanden, alle mit sorgenvollen Gesichtern und flüsternd.

Die Nachbarin hatte sie gefunden, hingestreckt vom Schlaganfall und fast unterkühlt. Ihr Glück war es gewesen, dass sie sich mit der Bekannten verabredet hatte zum Canasta-Spielen. Als sie nicht auftauchte- völlig untypisch für sie -  hatte die Nachbarin sich Sorgen gemacht, einfach mit dem Reserve-Schlüssel, der bei ihr deponiert war, die Wohnung geöffnet und den Notarzt gerufen. Wochenlang hatte sie mühsam gelernt, die Muskeln der linken Körperhälfte wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Mit der ihr eigenen Willenskraft war von den Lähmungen nur wenig zurückgeblieben. Doch sie hatte den Tod in ihrer Nähe gespürt...

Angst hatte sie nicht vor ihm. Angst hatte sie vor dem Sterben an sich.
Dem Dahinsiechen in einem Bett, welches nicht ihr Eigenes war.
Der Einsamkeit, denn wer sollte sie schon besuchen?
Sie wusste, dass die Liebe zum eigenen Zuhause und der Wunsch, nicht alleine in die Ewigkeit einzugehen, nicht miteinander vereinbar war.
Die Nachbarin war auch nicht mehr gut zu Fuß, Freunde hatte sie schon lange nicht mehr - die wenigen waren alle tot. Sie wollte nicht einsam sterben! Eine Lösung für das Problem hatte sie bisher nicht gefunden.  

Als nach Hermann einer nach dem anderen wegstarb, hatte sie die, zugegeben morbide, Leidenschaft für Friedhöfe entwickelt. Jeden Tag war sie hierher gepilgert, zu Hermann und zu Georg, zu Martha mitsamt deren drei toten Söhnen, zu.... Zwangsläufig wurde sie Zeuge und mittrauernder Bestandteil fast aller Beerdigungen, die stattfanden. 

Im Friedhofsamt war sie gerne gesehen. Die Leute dort wussten, dass sie als Lohn für die Preisgabe der Begräbnistermine mit Plätzchen und einem angenehmen Pläuschchen belohnt wurden. Was war denn schon dabei, wenn eine alte Dame sich erkundigte, welche Kunden demnächst unter die Erde gebracht wurden?
Mit der Zeit wunderte sich niemand der Trauergäste mehr über ihr Erscheinen am Grab. Sie benahm sich schließlich auch immer äußerst taktvoll! Nie drängte sie sich in die ersten Reihen, fast regungslos, aber immer teilnahmsvoll bekümmert schaute sie den Beisetzungsfeierlichkeiten zu, mit einer Nelke oder Rose in der Hand, die sie vorsichtig beim Defilee am offenen Grab fallen ließ. Schweigend nickte sie den trauenden Angehörigen zu und machte sich wieder auf den Weg zu Hermann.
Jeden Morgen kaufte sie in dem kleinen Blumenladen ein. Immer hatte die Verkäuferin schon die schönsten Blüten für sie herausgesucht, immer waren es 10 Stück. Jene Rosen oder Nelken, welche nicht als Gruß an die unbekannten Verstorbenen gebraucht wurden, legte sie mit Akribie auf die Gräber, welche verwahrlost und unbesucht aussahen. Leisten konnte sie sich diese Extravaganz, Hermanns Rente war großzügig genug. Was brauchte sie schon groß zum Leben? 
 
Ihre Schuhe schienen immer schwerer zu werden. Der kalte Wind machte ihre Hände und ihr Gesicht gefühllos, wie betäubt. Bald hätte sie den Ausgang erreicht, nur noch vorbei an Martha's Grab...
Plötzlich war er da, der Schmerz. Fräste sich mit atemnehmender Kraft durch ihren Brustkorb. Vor ihren Augen verschwamm der dunkle Grabstein mit Marthas Geburts- und Sterbedatum.
Während sie zusammenbrach, tauchten verschwommene Gestalten um sie auf, nahmen das Aussehen von Hermann, Georg, Martha und all jenen an, die in ihrem Leben wichtig gewesen waren. Hermann trug zwei Bündel in den Armen, waren das ihre totgeborenen Söhne?

„Komm, hier bei uns bist Du nicht alleine!“ Martha hielt ihr eine Hand entgegen.  

Sie ergriff die Hand, welche weich und sanft war.
Warum hatte sie sich Sorgen gemacht, einsam und alleine sterben zu müssen?

Es waren doch alle da ...  



                       
Diese ultramarinblauen Augen, in denen die Welt versank! Die immer ein wenig spöttisch blickten, als wäre das Leben nichts anderes als ein amüsantes Spiel, eine Posse. Dabei durchdrang dieser Blick alles, stieß bis in den hintersten Winkel ihrer Seele vor, durchleuchtete ihre verborgensten Geheimnisse. Sie erinnerte sich nur zu genau, mit welchem Ausdruck er sie angesehen hatte.
Man konnte sich nicht entziehen, entkommen war unmöglich.
Damals, … da schaute er sie an. Nur sie.

Das erste Zusammentreffen mit ihm.
Sie schüchtern, er imponierend. Ein Mann wie aus dem Bilderbuch. Groß, mit flachsblondem, vollem Haar. Schlank, dabei durchtrainiert. Jede seiner Bewegungen schien absolut kontrolliert. Das Gesicht erinnerte sie spontan an eine alte Büste von Julius Cäsar. Hohe Wangenknochen, die Nase modelliert wie von einem Bildhauer. Ausdrucksvoll und auffallend schön, trotz der Hagerkeit, war dieses Gesicht. Mit dem gewissen Etwas und einem kleinen Grübchen am Kinn. Was machte es, dass er rund 15 Jahre älter war als sie?
Seine Augen mit diesem unverschämt anziehenden Blau brannten in einem kalten Feuer, welches in ihr das Verlangen auslösten, sich an ihm zu verbrennen.

Sie dachte an nichts anderes mehr als an ihn. Wie viele andere Frauen waren wohl ebenso fasziniert von seiner Ausstrahlung?

Das …

„Würden Sie mir die Ehre geben, mit mir zu tanzen?“
Einfach so, ohne sich ihr vorzustellen. Er hatte ihre Hand genommen und sie auf die Tanzfläche des langweiligen Wohltätigkeitballes gezogen. Sie war davon geschwebt, mit ihm.
Nicht nur für einen Tanz. Den ganzen Abend.
Wie Aschenputtel am Hofe des Königs war sie sich vorgekommen. Dieser Mann bedeutete für sie ein Geschenk, das sie sich immer ersehnt, aber bisher nie erhalten hatte. Plötzlich regelrecht befreit, ausgelassen, lachte sie, wirbelte über die Tanzfläche. Immer verfolgt von diesen blauen Augen, die so blau wie das unendliche Meer waren, in dem man rettungslos unterging.

Mit dem untrüglichen weiblichen Instinkt war es  Mutter natürlich sofort aufgefallen. Obwohl sie genug damit zu tun hatte, sicher auf den eigenen Beinen stehen zu können und nicht allzu laut zu lachen. Zu viel Champagner und Whiskey kreisten in ihrem Blut. Ihre Tochter, dieses unscheinbare Ding, welches sich sonst so altjüngferlich gebärdete, wie ein Backfisch errötete, wenn ein Mann sie zum Tanz aufforderte, schien sich doch tatsächlich verliebt zu haben.

Der nächste Morgen war ein einziger Spießrutenlauf gewesen. Mühsam versuchte sie, den amüsiert - neugierigen Blicken ihrer Mutter beim gemeinsamen Frühstück auszuweichen, schweigsam  auf die nicht zu überhörbaren Spitzen reagiert. Sie brauchte nur an diese strahlend blauen Augen zu denken, um stark genug zu sein.

… Leben …

„Dieser Mann ist doch viel zu schön, um wahr zu sein, Kind!“ Wie oft hörte sie diesen Satz aus dem grell geschminkten Mund ihrer Mutter. Diese Vorliebe für platte Weisheiten hatte sie noch nie gut ertragen.
Viele Verehrer waren nie vorhanden gewesen. Ihr Aussehen war einfach nicht gut genug. Der Mund mit den vollen, aber bleichen Lippen, war zu groß, daran änderten auch die makellosen Zähne nichts. Die fast schwarzen Augen standen einen kleinen Tick zu weit auseinander. In einem unmodischen Dutt zusammen gerollt, obwohl seidig glänzend, das nussbraune, schulterlange Haar.
Schönheitsoperationen waren nicht zu teuer für sie, sondern widerstrebten ihrer, sie selbst beruhigenden, Auffassung, dass Attraktivität nicht alles wäre.

… ist …

„Kein Mensch wird nur wegen seiner inneren Werte geliebt, Kleines.“
Geübte Kosmetikerinnen hätten, nach Ansicht ihrer Mutter, durchaus für ein passableres Aussehen sorgen können. Sie jedoch ekelte sich vor Schminke und Lippenstift, konnte diese fettigen Cremes nicht auf ihrer Haut ertragen. Wie Mutter wollte sie nie und nimmer herumlaufen, deren Falten unter zentimeterdicken Schichten Make-up zwar verschwanden, die Mimik jedoch zu einer Maske erstarren ließen. Einer höflich lächelnden, unechten Fassade, hinter der sich Teilnahmslosigkeit, Dünkel und die Angst vor dem eigenen Altern verbarg. Die Schönen konnten nicht ertragen, dass ihre Anmut verging. Nur wer nicht attraktiv war, konnte das. Sie konnte es.

Diese strahlenden Diven, aufgepumpt mit Silikon und immer am Rande einer Botox - Vergiftung, einem falschen Lächeln auf den perfekt geschminkten Lippen - die verachtete sie. Überkandidelte Schaufensterpuppen, die in einer Scheinwelt aus Zickenkampf, Komplimenten und Stylisten lebten.
Obwohl es auch ihre Welt war, die Welt, in die sie geboren worden war.
Wohl gefühlt hatte sie sich dort nie.

.. ein ..

„Du musst aufpassen, was Du sagst. Am besten, Du redest gar nicht!“
Sie war nicht geistreich, erst recht nicht schlagfertig, versagte kläglich auf dem gesellschaftlichen Parkett der oberen Zehntausend. Dort zählten wohlfeile, genau abgestimmte Tonnuancen. Jeder Satz, jede unbeabsichtigte Betonung konnte als Affront aufgefasst werden. Die Strafe war gesellschaftliche Ächtung, mal auf Zeit, mal auf Ewig. Stumm stand sie da, bloß nichts sagen. Jedes Wort konnte morden. Mutter hätte es ihr nie verziehen, wenn durch sie ihr gesellschaftliches Ansehen ins Schwanken geraten wäre.
Sie empfand sich als graue Maus, weil sie eine graue Maus war. Innerlich und äußerlich. Punkt.

… Bumerang: …

„Mädchen wie Du sind leichte Beute, Kind!“
Mutters Standardsatz.
Wie eine Glucke hatte Mutter, wenn sie nüchtern war natürlich, über sie gewacht, - sie regelrecht bewacht.
Nie durfte sie mit Freundinnen abends ausgehen, außer es war eine abgeschottete Wohltätigkeit -Veranstaltung, eine gut bewachte Soiree oder die intime Vernissage eines angesehenen Künstlers. Endlose, langweilige Stunden mit blasierten Leuten.
Doch Mädchen wie sie fügten sich widerspruchslos. Nur ganz tief im Inneren wurde aufbegehrt – manchmal.

Regelrecht süchtig nach Vergnügungen hingegen war Mutter nach dem frühen Tod des Vaters geworden. Lief von einem „angesagten“ Skalpell-Künstler zum anderen, ließ sich liften, um in der Welt der Makellosen mithalten zu können. Buchte teure Privatstunden bei „Body - Trainern“, gab einen Großteil des Vermächtnisses für Kleidung und Besuche bei „hippen“ Stylisten aus. Ganz zu schweigen von all den Partys, Feiern und Festen, auf denen sie fast täglich zu finden war. Sie schmiss das Geld zum Fenster hinaus, hielt viel zu junge „Proteges“ aus. Zum Glück war die Hinterlassenschaft riesig. Vater hatte ein gutes Händchen an der Börse besessen, die Eskapaden ihrer Mutter waren zu verschmerzen.
Kurz nach der Beerdigung ihres Vaters kam sie in ein Internat, mit Nonnen und einer rigiden Hausordnung. Wer nicht parierte, bekam Arrest in einer dunklen Klosterzelle.
Sie gehorchte lieber…

Nach dem Abitur zog sie wieder nach Hause. In ein Gebäude, dem jegliche menschliche Wärme fehlte. Nichts erinnerte hier mehr an ihren Vater, kein Bild, nichts! Mutter hatte alles entsorgt. Sogar die Möblierung war neu. Vaters geliebter alter Sessel lag auf dem Sperrmüll. Die alten Hausangestellten, eine Köchin und ein Gärtner waren nicht mehr da. Mutter ging lieber in Restaurants und auch für Gärten hatte sie sich noch nie interessiert. Wozu dann die unnötigen Geldausgaben für Personal?
Nur Vaters Bücher, die gab es noch. Sie nahm diese in Besitz, hütete sie wie einen kostbaren Schatz. Ihren Schatz.
Mutter war sowieso kaum zu Hause. War sie es ausnahmsweise doch, ging ihre Tochter ihr lieber aus dem Weg, schloss sich in ihrem Zimmer ein. Die langen Abende und endlosen Nächte, in denen sie in ihrer eigenen, kleinen Mädchenwelt blieb, waren genutzt worden, sich durch sämtliche Klassiker der Weltliteratur, von Drama bis zu Poesie, zu lesen. Ihr Kosmos bestand aus Goethe, Joyce, Shakespeare und deren Schöpfungen.
Noch gut konnte sie sich an jenen Augenblick erinnern, als sie den dicken Tolstoi-Band zuschlagen konnte. Mit Stolz und einem großen Teil Erleichterung war das Buch von ihr wieder in das Regal geschoben worden. Dieser Russe war sehr schwierig gewesen.
Danach arbeitete sie sich durch wissenschaftliche Bücher, machte Leseausflüge zu den großen Philosophen. Nur ab und an gestattete sie sich zu fragen, welchen Sinn es hatte, ein durchaus kluger Kopf, - aber einsam zu sein. Über das wahre Leben und wie man es bewältigte, erzählten die Bücher nichts. Einen Fernseher gab es nicht im Haus, allenfalls ein uraltes Radio unten in der Küche, welches nur noch selten zum Frühstück benutzt wurde.

Meist erst spätnachts war Mutter aufgetaucht, angetrunken, von einer Geruchs - Mischung aus teurem Whisky und billigem Rasierwasser umgeben, die sich im Treppenhaus verbreitete, sich in den Vorhängen festsetzte und noch Tage später zu riechen war. Die Männer, mit denen sie herumturtelte, hinterließen ihre Duftmarken an ihr wie Hunde an einem Laternenpfahl.
Manchmal war leises Flüstern und Kichern auf dem Flur zu hören, das Rascheln von Kleidung. Dann hatte Mutter wieder einmal einen ihrer „Begleiter“ in ihr „Boudoir“ mitgenommen. Sie ließ jeden an sich heran, aber keinen an ihre Tochter.

… man …

„Dein Vater hat nicht jahrelang geschuftet, nur damit sich ein Hallodri dein Erbe unter den Nagel reißt.“
Keiner hatte bis dahin die überzogenen Anforderungen ihrer Mutter erfüllt. Es gab keine Medaillen ohne zwei Seiten. Auch keine Prinzen ohne Fehl und Tadel. Sie wusste das, Mutter schien es nicht wissen zu wollen. Dabei war ihre Mutter überhaupt nicht wählerisch, wenn es um ihre eigenen Bettgenossen ging.
Die wenigen Männer, welche sich an die reiche Erbin heranwagten, wurden von Mutter einer peinlichen Überprüfung unterzogen.
Peinlich für sie. Die Verehrer erfuhren nie etwas von den geheimen Verbindungen, welche ihre Mutter besaß.
Doch jedes Mal tauchten kompromittierende Fakten wie Liebschaften mit Call - Girls auf, bevorstehende Bankrotte oder sonstige Gründe, die es ihrer Mutter ratsam erschienen ließen, die Bewerber höflich, aber deutlich darum zu bitten, ihrer Tochter nicht länger den Hof zu machen. Sie wurde nicht gefragt.

Wenigstens in dieser Hinsicht hatte Mutter etwas Gutes für sie getan. Die meisten der Männer waren entweder fast im Rentenalter, hatten körperliche Gebrechen oder waren einfach nur schleimige, unfähige Jüngelchen, die von ihren enttäuschten Vätern dazu verdonnert wurden, wenigstens reich zu heiraten, wenn sie schon ansonsten Nieten waren.

Konnte Mutter Angst gehabt haben, dass ein Schwiegersohn das schöne Leben, die Verschwendung beendete?  Vielleicht…
An diesem Mann mit dem faszinierendem Blick, da hatte sich Mutter jedenfalls die makellosen Zähne ausgebissen.
War Mutter eifersüchtig gewesen, neidisch, weil sie selbst sich mit willigen, aber halbseidenen Liebhabern begnügen musste?
Oft schon waren ihr diese Gedanken gekommen.

Nichts hatte dieser Kandidat zu verbergen gehabt, nicht eine Spur wies darauf hin, dass er etwas anderes im Sinn gehabt hatte, als sie glücklich zu machen. Reicher Geschäftsmann, Inhaber einer äußerst profitablen Firma in der Elektronikbranche, keine unehelichen Kinder oder ähnliches. Seine Umgangsformen waren tadellos, nie war er schroff oder anbiedernd. Ein halbes Jahr warb er um sie. Er war sparsam, aber nicht geizig. So, wie ein guter Geschäftsmann sein musste.
Sie verstand nicht viel von Wirtschaft und Politik, ahnte jedoch, dass ein guter Ruf nicht ausreichte, um in schlechten Konjunkturzeiten einen Betrieb zu erhalten. Ihre Mutter fragte häufiger argwöhnisch, ob sich ihr „Galan“ nicht vielleicht Geld hatte leihen wollen. Sie konnte guten Gewissens mit : „Nein!“ antworten.
Sie hatte es ihm aufgedrängt.

Mutter konnte sie nicht abhalten, sich mit ihm zu treffen. Nicht mit höhnischen Bemerkungen, nicht mit Drohungen, nicht mit sentimentalem Bitten. Still und schweigend war sie stets auf ihr Zimmer gegangen, die immerzu schriller werdende Stimme hinter sich lassend. Meist war Mutter zu diesem Zeitpunkt schon beim dritten Gin angelangt, ihre Wut war in tränenreiches Selbstmitleid umgeschlagen nach weiteren Drinks. Dann hämmerte sie schluchzend und beschwörend an ihre Zimmertüre, ließ ein kindisches Wimmern unter dem Türspalt hindurchkriechen.

… bekommt …

„Ich will doch nur das Beste für Dich!“
Sie hatte sich eingeschlossen, bis die altmodische Glocke der Eingangstüre läutete.
In aller Regel hatte Mutter dann schon aufgegeben und betäubte den Schmerz über die Unvernunft ihrer Tochter mit weiteren „Baileys“ und anderen Spirituosen unten im Lesezimmer, physisch unfähig zu öffnen. Der Alkohol machte müde, leise schnarchend lag Mutter auf der alten, wuchtigen Ledercouch für ein kleines Nickerchen.
Wenn sie erwachte, war ihre Tochter schon lange weg.

… zurück, …

„Du musst raus aus deinem Elfenbeinturm“
Seine Worte klangen noch heute in ihren Ohren. Verlockend, geheimnisvoll, mit dem Versprechen auf Abenteuer und pralles Leben. Dabei nahmen seine Augen einen anderen Glanz an. Jetzt blickten sie bestimmend, schienen keinen Widerspruch dulden zu wollen.

Sie waren ausgegangen, er hatte ihr eine verborgene Welt gezeigt. Noch nie war sie in einer Diskothek gewesen, doch mit ihm war sie eingetaucht in die zuckenden Lichter und das Ohren - und Sinnenbetäubende Gewühl verschwitzter Teenager und Twens. In verrauchten Kneipen war sie an den Geschmack von billigen Zigaretten und abgestandenem Bier gewöhnt worden, hatte erlebt, wie das armselige Leben auf den Strassen aussah. Das wirkliche Leben der ganz normalen Menschen, nicht die verlogene Fassade der High Society.

Der erste Kuss, zögernd, unsicher. Aber so unwahrscheinlich süß...
Nicht lange darauf war sie schwach geworden. Nur allzu gerne hatte sie ihre Jungfräulichkeit verloren. Endlich! Dabei war es ihm gelungen, ihr Verlangen so sehr anzustacheln, dass sie sich als Verführerin fühlte.
Wie immer in ihrer Beziehung übernahm er insgeheim und sanft die Führung. Er war der Prinz, sie Schneewittchen. Das Mädchen, welches wachgeküsst wurde und in eine andere, bessere Welt geführt wurde.
Ohne sie überhaupt zu fragen, war er vor ihre Mutter getreten, an einem Abend, an dem Mutter stark angeheitert von einer Partie Bridge gekommen war und erstaunlich milde gestimmt war. Sie hatte ihrer Tochter und ihm vom Fuße der Treppe aus freundlich, aber schwankend zugenickt.

… was …

„Ich werde Ihre Tochter ehelichen!“
Nicht mehr und nicht weniger hatte er gesagt, ihre Hand beruhigend gedrückt und Mutter standhaft angesehen. Sein Blick war der – ja, es war der Blick eines Feldherren, der sicher war, zu siegen. Unnachgiebig.
Julius Cäsar in der Gegenwart. Stark und schön, nicht bereit, aufgehalten zu werden. Erleichtert und sich absolut sicher fühlend lehnte sie sich an ihn.

Energisch den perfekt frisierten Kopf schüttelnd  kicherte Mutter perlend und begann mit dem Aufstieg,  die unsicheren Schritte waren nicht zu hören durch den schweren Spannteppich.
Sie wollte an den beiden vorbei, immer heftiger lachend, so als ob sie es für den größten Witz der Geschichte hielt, dass ausgerechnet ihre Tochter … dieses unscheinbare Wesen sollte sich einen Mann von diesem Format angeln?

Er hatte ihre Hand losgelassen, beschwörend seine Arme gehoben.
Mutter drehte sich noch nicht einmal um, als sie die Hand an ihrer Schulter bemerkte.

Lachte einfach immer weiter, immer greller, immer boshafter …

Mitten auf der großen Treppe ihres Elternhauses - wie oft war sie als kleines Kind hier heruntergefallen, ausgerutscht, weil eine der Teppichstangen sich gelöst hatte?
Nie hatte sie sich ernsthaft verletzt.

Der Notarzt konnte nur einen Unfalltod feststellen. Manchmal passierten solche Dinge eben, wenn ältere Damen zu viel tranken, sich auf der Treppe verschätzten, das Gleichgewicht verloren und rücklings hinunter stürzten. Die Treppe war groß, hoch und mit einem altmodischen Belag versehen, der nur durch eingeschobene Stangen gehalten wurde. Wie schnell löste sich so eine Konstruktion!

Auch die Polizei war sehr gründlich gewesen, hatte Fragen gestellt, aber keine Antworten erhalten. Dafür hatte er gesorgt.

… man …

„Du hältst den Mund, das ist am besten! Oder möchtest Du, dass…?“
Wieder war der Blick seiner Augen hart geworden. Jetzt schienen sie eisblau, kalt zu sein.
 
Nach angemessener Trauerzeit war ihre Verlobung bekannt gegeben worden, wiederum zwei Monate später die Hochzeit. Die Sekretärinnen des Standesbeamten waren die Trauzeugen. Natürlich war es immer ihr Traum gewesen, eine rauschende Hochzeit und ein weißes Brautkleid, aber er fand, dass es nicht angemessen sei, eine opulente Feier zu veranstalten, solange nicht alle Nachlassangelegenheiten endgültig geregelt seien. Schließlich war sie die Alleinerbin eines riesigen Vermögens.
Wen hätte sie auch einladen sollen, außer ein paar alten Freundinnen aus dem Internat. Püppchen, die längst andere Interessen hatten als sie selbst, mit denen sie nichts mehr verband außer den gemeinsamen Erinnerungen?
Mutters alte Bekannte konnte und wollte sie nicht ertragen, die meisten waren sich noch nicht einmal auf der Beerdigung zu sehen gewesen.
Auch ihr frischangetrauter Ehemann besaß keine Verwandten. Zwei Einsame, die sich gefunden hatten.

Er kümmerte sich um alles, hielt ihr den Rücken frei, tröstete sie. Wenn die Yellow-Press mit ihr sprechen wollte, schottete er sie ab. Sie gehörten immerhin zur High Society, ob sie wollten oder nicht.
Leichten Herzens gab sie ihm die nötigen Vollmachten, damit er alle nötigen Dinge erledigte. Sie brauchte noch nicht einmal vor die Türe zu gehen, er kaufte ein. Kochte. Machte einfach alles – für sie.
Bis heute hatte sie ihm blind geglaubt und vertraut.
Ein Jahr lang.

… gibt.

Es war mal wieder ein schlechter Tag.
Mit Kopfschmerzen war sie aufgewacht, nach einer Nacht voller Alpträumen, in denen sie ihre Mutter fallen sah, mal anklagend die Arme hochgerissen, dann die Augen ungläubig aufgerissen, sie anstarrend. Immer wieder hörte sie dabei diesen Schrei, der aus dem rotgeschminkten Mund ihrer Mutter kam, markerschütternd, schrill. All jene verdammend, die weiterlebten.
Beharrlich kamen diese Träume wieder, konnte Mutter sie nicht einmal im Tode aus ihren Fängen entlassen?

Er war schon in die Firma gefahren, sie war alleine in dem riesigen Haus. Wie immer öfter in der letzten Zeit.
Häufig kam er später nach Hause, meist erst tief in der Nacht. Wurde verschlossener, bedrückter. Seine Tiefsee - blauen Augen musterten sie nur noch müde, so als würde er ein altbekanntes Möbelstück taxieren, dessen Macken und Kratzer er nur allzu genau kannte. Ein Möbel, das zur Last wurde, nur Platz und Luft wegnahm. Seine Zärtlichkeiten waren oberflächlich, fast lieblos.
Zusammen ausgegangen waren sie beide schon lange nicht mehr. Sprach sie das Thema an, erntete sie nur ein lahmes Lächeln und den Hinweis, dass er wirklich völlig erledigt sei.
“Vielleicht am Wochenende?“ fragte sie dann leise nach.
Nein, auch da gab es Geschäftstermine, musste er sich mit Investoren treffen oder mit ihrem Notar wichtige Verträge besprechen. Oder wollte sie etwa nicht, dass ihr Vermögen sicher angelegt wurde?

Ließ sie trotzdem nicht locker, musterte er sie lange, wortlos. Das Blau seiner Augen fixierte sie abschätzend. Meist hielt sie dann lieber den Mund, aus Furcht, ihn zu verärgern.

Sie brauchte dringend Tabletten, machte sich auf die Suche, fand aber keine. Nicht in der Schublade des kleinen Nachttischchens und auch nicht im Bad.
Vielleicht hatte er ja…?

In ihrem Kopf lauter kleine Explosionen. Rauschen, das immer stärker wurde.

Sie ging aus ihrem Schlafzimmer hinüber in seinen Raum.
Getrennte Betten waren besser, hatte er gesagt, er schnarche.
Ohne weitere Umstände wurde Mutters Zimmer von ihm in Beschlag genommen, deren Möbel gegen die maskulinen Edelstahlmöbel, die Glasschränke und das Futon - Bett aus seiner alten Wohnung ausgetauscht. Mutters Einrichtung war, bis auf wenige Kleinigkeiten, auf dem Sperrmüll gelandet.
Der Duft seines Rasierwassers hing noch in der Luft, vertraut und doch seltsam fremd ohne den dazu gehörigen Körper.

Sie suchte zuerst in dem kleinen Bad.
Nichts, außer Rasierapparat, Zahnbürste und dem üblichen Kleinkram, den Männer brauchten, um frisch in die andauernd wiederkehrende Tretmühle des Alltags zu starten.
Überdeutlich hörte sie die Geräusche, welche ihre unstete Fahndung begleiteten, hörte ihr Blut rauschen.

Zurück in das Schlafzimmer. Auf dem Bett lagen unbenutzte Socken und eine Jacke.
Achtlos hingeworfen, so als hinge in den feinen Fasern der abgelegte Stress eines unangenehmen Arbeitstages. Was auch zutraf – es gehörte zu einem seiner „Firmen-Anzüge“. Sein After - Shave strömte aus dem Stoff, verstärkte ihre Kopfschmerzen. 
Vielleicht hatte er ja in einer seiner Jacken-Taschen ein Schmerzmittel? Ihre Suche blieb erfolglos.

Ein weiteres Sakko lag über der Stuhllehne.
Halb wahnsinnig vor Schmerzen nahm sie das Jackett hoch, seine Lieblingsjacke aus leichtem Burberry-Stoff. Ein wenig abgenutzt zwar, aber er hing daran, zog sie an, wenn er abends zu inoffiziellen Geschäftsterminen ausging. Ohne sie.

Dann fand sie es, das Taschentuch mit dem Lippenstift-Abdruck. Nie benutzte sie Kosmetika. Ihre Haut vertrug Schminke nicht, sie wurde rot und pickelig.

Der Hauch nach Parfüm war nicht ihrer.
Schnuppernd identifizierte sie den Duft.
Chanel no. 5, teuer.
Trotzdem nicht unerschwinglich, jede bessere Prostituierte konnte sich gewiss jeden Monat eine Flasche leisten.
Obwohl sie nicht wusste, wie viel ein Call - Girl verdiente, ging sie davon aus, dass in ihren Kreisen sicherlich genug für Liebesdienste gezahlt wurde. Billige Straßenmädchen wären weit unter den Ansprüchen der Haute volaute.

Hatte er es der Besitzerin geschenkt?
Wenn ja, stellte sich die Frage, warum er einer anderen Frau Parfüm schenkte. Ihr brachte er schon lange nichts mehr mit. Nicht einmal einen Blumenstrauß.
War er wegen der Anderen in letzter Zeit immer so erschöpft?
Weil er bei dieser Frau die Leidenschaft verströmte, die er für sie nicht mehr übrig hatte?

Sogar das Tuch war nicht ihres ...
Einmal-Tücher waren sehr viel hygienischer. Sie verabscheute diese besudelten Fetzen Stoff, voll mit Erregern. Angewidert versuchte sie, das Beweisstück fallen zu lassen, konnte ihre Hand jedoch nicht öffnen. Ihre Finger gehorchten ihr nicht.

Wie konnte er nur?
Liebte er sie nicht mehr?

Konnte er nicht alles das machen, was er zu tun wünschte? Er brauchte keine Rücksicht auf sie zu nehmen, sie machte ihm keine Szenen.

War sie nicht in allem folgsam gewesen? Sie hatte getan, was er wollte. Würde immer alles tun, für ihn, für einen Blick aus seinen Augen. Selbst wenn dieser nicht mehr liebevoll, sondern ungeduldig und gleichgültig war.

Eisern hatte sie geschwiegen, niemandem etwas verraten.
Die ganze Zeit. So wie er es verlangte. 
Sie war sich keiner Schuld bewusst.  

Runter in die Küche, vielleicht war in dem kleinen Erste – Hilfe -Schränkchen ja ein Schmerzmittel.
Krampfhaft umklammerte sie das Indiz für seine Untreue. Lichtblitze tanzten vor ihren Augen, die Mischung aus After - Shave und Chanel ließ ihre Magennerven verrückt spielen. Stolpernd und würgend floh sie aus dem Schlafzimmer ihres Ehemannes.
Sie musste hier raus, an die frische Luft!
Immer stärker pochten die Schläfen, ein eiserner Ring legte sich um ihre Stirn.
Ihr wurde schwindelig. Das Geländer der Empore verschwamm, die Treppenstufen tanzten.

Nur noch die große Freitreppe herunter. Ein paar Meter durch das Foyer, dann wäre es geschafft.

Die Welt wurde grauer.
 
Nebelschleier umwogten sie.
 
Das Blut hämmerte in ihren Adern.

Eine Stufe.

Noch eine Stufe.

Die Welt versank in einem Dunstschleier.

Eine weitere Stufe.

Das fremde Taschentuch sank in kleinen Bögen hinab, die große Treppe herunter.
Wie ein Blatt im Herbstwind.

Es wurde immer dunkler um sie herum.

Während sie fiel, erschien Mutter. Den grellrot geschminkten Mund zu einem schadenfrohen Grinsen verzogen.
„Kleines, hast Du etwa gedacht, Du wirst mich so schnell los? Mädchen wie Du sollten nicht ihre eigene Mutter die Treppe hinunterstoßen. Das Leben ist ein Bumerang: man bekommt zurück, was man gibt.“

Sie hörte nicht mehr das leise, kurze Knacken, als ihr Genick brach ...   



Der Gestank nahm ihm den Atem. 
Er spürte wie seine Magennerven sich zu einem einzigen, protestierenden, Knäuel zusammen zu ballen schienen, bereit für einen Aufstand. Die Hände vor Mund und Nase gepresst, setzte er seinen linken Fuß einen Schritt nach vorne. Der Geruch nach verrottetem Papier, durchsetzt mit Fäulnis und moderndem Holz drang trotzdem durch die Spalten zwischen seinen Fingern. Hinzu kam die tranige Ausdünstung verwesenden Fisches.
Vor seinen Augen erstand das Bild von unförmigen Fleischklumpen, auf eine schreckliche Art grau-braun, mit ihm unbekannten Insekten gigantischen Ausmaßes darauf, welche sich an den zerfetzten Fleischfasern gütlich taten.

Noch ein Schritt, diesmal mit dem rechten Fuß. Es half alles nichts, er musste hier durch. Warum war er so dämlich gewesen, mit dem Ding herumzuspielen? Seit drei Stunden war er durch Greetsiel - diesen kleinen Ort an der Nordseeküste - gelaufen, auf der Suche. Bald würde die Dämmerung hereinbrechen. Er hatte alle Plätze, -die er vormittags passiert-, abgesucht. Vom Hotel „Vier Linden“ die Lindenstraße entlang zum „Witthus“, wo er einen Kaffee getrunken hatte. Weiter zum „Hohen Haus“. Das dortige Restaurant „Upkammer“ hatte den vollmundigen Ankündigungen bezüglich gastronomischer Qualität Wort gehalten. 
Der Gedanke an Essen verursachte eine erneute Welle Übelkeit.

Die Brühe, leicht gelblich und ekelhaft glibberig, die seine besten Schuhe reif für den Müllhaufen machte, quietschte unter seinen Sohlen. Er musste aufpassen, dass er nicht ausrutschte. Auf keinen Fall wollte er mit seinem Anzug oder einer unbedeckten Stelle seines Körpers nähere Bekanntschaft mit dieser widerlichen Substanz machen. Unter seinen Schuhen knirschte es. Es klang wie das Brechen eines morschen Knochens. 
„Noch ein paar Schritte“, spornte er sich an, „Ein paar winzig kleine Schritte, dann ist es gut. Dann kann ich im Affentempo hier raus.“ 
Erneut erfasste ihn die Übelkeit, schnürte ihm die Kehle zu, während sich gleichzeitig sein Mageninhalt den Weg nach oben zu bahnen versuchte. Er musste hier durch. Um seine Selbstachtung zu erhalten. Die Seminargäste würden sich schief lachen. Heimlich, hinter seinem Rücken. Seine Autorität wäre dahin. Er war der Dozent der Wochenend-Veranstaltung „Persönlichkeitsentwicklung und Management“. Wenn selbst er nicht in der Lage war, sich zu organisieren!
Die letzte Chance, das Ding zu finden - sie war hier am „Alten Deich“. Er blickte kurz über die Schulter. Durch die geöffnete Tür sah er den Hafen. Kutter, kleinere und größere Jollen schaukelten auf den gemäßigten Hafenwellen, bunte Wimpel flatterten in der frischen Seeluft.

Entsetzt sah er im Dämmerlicht, das durch ein winziges, glasloses Fenster hereinfiel, die Überreste um ihn herum. Knochen, in denen vor nicht langer Zeit noch das Mark enthalten gewesen war. Überall lagen Fetzen von Haut herum, und Köpfe. Abgetrennt von den Leibern sahen sie grotesk aus, einfach widerlich. Er erinnerte sich an ein leichtes Klirren, als er sich den Schnürsenkel neu gebunden hatte. Wie lange war das her? Stunden? Ihm kam es wie Tage vor. Auf alle Fälle musste das Ding hier sein.
Und dann entdeckte er endlich das leichte Glitzern im Halbdunkel des Raumes. Das musste es sein, es konnte nicht anders …, mit schnellen Schritten und angehaltenem Atem wollte er zu der verheißungsvoll blitzenden, ihn lockenden Stelle. Spürte unter seinen Füßen die glitschige Masse. Seine Beine rutschten unkontrolliert nach vorne weg. Fühlte wie er fiel, rücklings dem Gestank entgegen raste.

Der Polizist der, in Greetsiel als einziger seiner Art, den meist langweiligen Dienst versah, stand neben einem knorrigen Fischer. 
„Jau, Hauke, ist echt ein Ding! Aber die Touristen kommen auf komische Ideen. Müssen ja überall reingucken. Auf jeden Fall ist der Kerl da tot, mausetot. Da hilft ihm kein Doktor mehr. Ich hab das Bestattungsunternehmen in Emden angerufen, die müssten gleich hier sein. Eindeutig ein Unfall. Der ist ausgerutscht und mit seinem Kopf auf die Kante hier gefallen.“ Er deutete auf die niedrige Abmauerung, die verhindern sollte, dass der schleimige Bodensatz zur Türe und auf die Greetsieler „Promenade“ hinaus laufen konnte. 
Eine Wolke Fischgeruch stieg auf, die ihn schwindelig machte. Der Polizist hatte Fisch noch nie gemocht. Vor allem „Meeresfrüchte“ waren ihm zuwider. Als wenn man gepanzerte Krabben, die ihn an Bilder aus kindlichen Alpträumen erinnerten, einfach von Bäumen pflückte. Garnelen mit diesen widerlichen Beinchen und den noch widerlicheren Fühlern auf dem unförmigen Kopf. Muscheln und Austern, glibberig, stinkend und trotzdem von vielen als Delikatesse angesehen. Auch wenn er hier geboren war - daran würde er sich nie im Leben gewöhnen.

Hauke nickte und kratzte sich seine kahle Kopfhaut unter der Schiffermütze. Er hatte den Polizisten morgens um fünf aus dem warmen Federbett geklingelt: „Ich hab hier nen Toten, Jan!“ Der Fischer holte einen Flachmann mit Genever aus der Hosentasche. Die kleine Bude am Hafen, aus rotem Ziegelstein gebaut, lehnte sie sich an den alten Deich, wurde nicht abgeschlossen. Wozu auch? Oft wurde das kleine Fenster an der Rückseite der Kammer durch unachtsame Urlauber oder Kinder, welche mit Steinchen oder Bällen auf dem Deich spielten, zerdeppert. Er hatte es aufgegeben, jedes Mal die Scheibe zu ersetzen. Ihn störte es nicht, wenn die Luft mit dem Geruch verfaulter Fischreste erfüllt wurde. Viele der Urlauber nahmen den Gestank sogar als pittoreskes Teil des malerischen Nordsee-Dörfchens hin und waren begeistert von der „authentischen“ Geruchskulisse. Die Grube wurde einmal im Monat von Onno ausgemistet, man musste es mit der Nostalgie nicht übertreiben. Hauke kratzte sich jetzt ausgiebig an der Nase, die aus dem vom Seewind zerfurchten Gesicht ragte. Was suchte ein teuer gekleideter Großstadtmensch mitten in seinem Fischabfall? Sollte mal einer diese Touristen verstehen …

Drei Wochen später waren die Massen an Besuchern vergessen, die Greetsiel heimgesucht hatten. Auch der Tote war vergessen. Das Leben ging weiter seinen Gang. Onno, der Gehilfe auf Haukes Kutter, schippte in der wärmenden Herbstsonne die Überreste von Heringen, Seelachs und Granat-Krabben aus dem Kämmerchen in Bioabfallbeutel. Möwen umkreisten ihn kreischend, neugierig und hungrig, dabei in sicherem Abstand bleibend. Für sie würde noch genug übrig bleiben in den Ritzen des Pflasters.

Inmitten der Krabbenschalen und silbrig glänzenden Heringsköpfe blinkte es metallisch auf. „Ist wieder mal jemand zu faul gewesen, seinen Metalldreck richtig zu entsorgen.“, dachte er und bückte sich. Er fischte den Gegenstand heraus und besah ihn sich genauer. Von Bierdosen bis zu Kondomverpackungen hatte er schon alles gefunden. Viele Urlauber glaubten, das kleine, kaputte Fenster wäre eine Abfallrampe und schmissen alles hinein. Eine wahre Fundgrube der Zivilisationsabfälle. Aber ein Schlüsselbund des teuersten Hotels in Greetsiel? Das war neu für Onno.

Seltsam, dass niemand den Schlüssel bisher vermisst hatte …



Der eisige Wind zerrte an ihrem Mantel, versuchte mit aller Kraft sie zu Fall zu bringen, sie mit sich in die Tiefe zu reißen. Es war geschafft.

Jetzt beugte sie sich vorsichtig über die schmale Brüstung und blickte leicht schwindelnd in die Tiefe. Der eisige Wind zerrte an ihrem Mantel, versuchte mit aller Kraft sie zu Fall zu bringen, sie mit sich in die Tiefe zu reißen. Mühsam trotzte sie den heulenden und pfeifenden Böen.

Ihr Atem ging noch schwer. War auch kein Wunder, fast sieben Jahrzehnte Leben lagen hinter ihr. Die letzten Meter hier herauf war kein Fahrstuhl mehr da gewesen. Mühsam hatte sie die 20 Stufen erklommen, um auf das Dach der Bank zu gelangen.
Niemand würde es verstehen. Aber ihr Plan stand fest. Lange genug hatte sie darüber nachgedacht, während sie an langen Abenden Handschuhe und Schals für den Kirchenbasar gestickt hatte.

Mit den von Altersflecken übersäten Händen schlug sie den Kragen des abgetragenen Mantels hoch.
Sie hatte ihn eigentlich nie gemocht. Aber es war das Einzige, was sie noch an Herbert erinnerte. Herbert- er war herzensgut gewesen, Sanft, höflich, strebsam.
Leider auch geizig.

Sie war sich immer wie eine graue Maus darin vorgekommen, was sicherlich nicht unwesentlich an dem Farbton lag, den das Kleidungsstück besaß. Hellgrau, mit einigen dunkleren Einsprenkeln. „Salz und Pfeffer Muster“ nannte man das früher. Viel lieber hätte sie einen knallroten, modisch geschnittenen Mantel gehabt…

Sie hatte sich oft gefragt, warum sie Herbert damals, als er damit angekommen war, dieses... Ding nicht einfach vor die Füße geworfen hatte. Er war sogar stolz darauf gewesen, dass auf dem Preisschild (er hatte natürlich nicht daran gedacht, es von seinem Geschenk zu entfernen) der ursprüngliche Preis durchgestrichen, aber noch leserlich zu erkennen gewesen war.
„Sonderangebot!“ Mit stolzem, glücklichen Lächeln war der Mantel an sie übergeben worden. „Um 60 Prozent im Schlussverkauf herabgesetzt! Der steht Dir bestimmt fantastisch!“

Sie trat mit den derben Schuhen unruhig auf dem feinen Kies herum.

Die Szenerie tief unter ihr erinnerte sie an eine Hobby-Eisenbahnanlage. Vor einigen Jahren waren Herbert und sie zu einer Ausstellung in die Nachbarstadt gefahren. Herbert war begeistert von Eisenbahnen. Gekauft hatte er sich nie eine. Doch wo auch immer er kostenlose Prospekte und abgelegte Fachzeitschriften fand, hatte er diese mitgenommen. Mit leuchtenden Augen hatte er immer und immer wieder die Seiten umgeblättert. Da sie kinderlos geblieben waren, wäre es seiner Meinung nach nur eine unnütze Geldausgabe gewesen, sich eine eigene Miniaturbahn zu kaufen. Schließlich konnte er die Anlage an niemanden vererben.
Sie hätte gerne mit Loks und Waggons hantiert, eine heile Welt mit Kindern und Freunden aus Bastelmaterial erschaffen.

Der Kragen scheuerte an ihrer faltigen Wange.
Vielleicht war Herbert einfach zu sanft gewesen. Jemandem wie ihm, der einen um Beifall heischend aus dunkelbraunen Dackelaugen anschaute, konnte man doch nicht sagen, er solle sich mit seiner Gabe zum Teufel scheren!
Sie auf alle Fälle hatte es nie fertig gebracht.

Dabei hatte sie es sich, weiß Gott, oft genug vorgenommen.
Wollte ihn anschreien, wenn er wieder einmal mit abgelaufenen Lebensmitteln und überlagertem Gemüse aus dem Supermarkt heimkam. Doch das einzige, was sie getan hatte, war ein müdes Lächeln an ihn zu verschenken, die Einkäufe zu verstauen und am nächsten Tag die angeschimmelten Waren in die Mülltonne zu befördern, wenn er zur Arbeit gegangen war.
Die Nachbarn hatten sie immer seltsam angeschaut. Natürlich musste ihnen auffallen, dass sie ihre Abfälle auf deren Tonnen verteilte. Herbert hatte sich nur immer gewundert, dass sie so schlank blieb, obwohl sie doch immer alles auf aß, was er eingekauft hatte.

Ein neuer Windstoß riss ihr fast das geblümte, vollsynthetische Kopftuch von den angegrauten Haaren.
Dass diese Stoffe auch immer so glatt sein mussten! Herbert hätte sich gefreut, wenn er erlebt hätte, dass sie bei ihrem letzten Einkauf ein so preiswertes Exemplar erstanden hatte.
Obwohl sie geschwankt hatte, sehr sogar.
Zu verlockend fast war das kühle, rein seidene Tuch gewesen, welches die Verkäuferin ihr um den Hals gelegt hatte. Aber warum sollte sie so viel Geld für ein Kopftuch ausgeben? Also hatte sie sich für die preiswerte Variante entschieden.

Sie ging kaum aus, höchstens einmal zum Supermarkt um die Ecke. Der einzige Luxus, den sie sich seit dem Tode von Herbert erlaubte, waren die Lebensmittel. Sorgsam achtete sie darauf, die noch längstens haltbaren Waren in den Einkaufswagen zu legen. Der Preis war egal. Sie brauchte eh nicht viel. Kochen hatte Herbert immer erledigt. Ihr reichten Dosensuppen und Fertiggerichte für die Mikrowelle. Auch Herbert hätte gut daran getan, nicht so sparsam zu sein. Wahrscheinlich wäre er dann nicht letzten Sommer an einer Fischvergiftung gestorben.

Langsam zog sie die grauen Handschuhe aus.
Es gab genügend Wolle in ihrem kleinem Arbeitszimmer. Im Grunde war dieses Zimmer ein Vorratsraum. Doch sie hatte sich dort ihr eigenes, kleines Reich geschaffen. In schmalen Regalen aus Abfallholz lagerten die Wollstapel (aus Sonderangebotsaktionen), die Rundstricknadeln und Häkelutensilien. Sogar eine klapprige, aber noch funktionstüchtige Tret-Nähmaschine hatte Platz gefunden. Sie nähte nur noch für sich selbst. Herbert’s alter Stammsessel war von ihr mit großer Mühe ebenfalls in den Raum geschoben worden. Jeden einsamen Abend saß sie dort.

Sie trat näher an die Brüstung heran, Das Knirschen des Kieses unter ihren Sohlen ging unter im wütenden Heulen des Windes. Hielt die Handschuhe über den Abgrund und ließ los.
Der Wind riss sie ihr aus ihren Händen, als hätte er nur darauf gewartet, irgendeine Beute zu ergattern. Egal, was diese Beute war. In wilden Loopings wirbelten die Strickhandschuhe durch die Luft, konnten jedoch der Schwerkraft nicht widerstehen. Immer tiefer sanken sie. Fast hatte sie den Eindruck, als wäre der Wind verärgert darüber, dass er trotz aller Anstrengung nicht das Fallen verhindern konnte.

Langsam ließ sie den Mantel von ihren schmächtigen Schultern gleiten.

Gleich wäre sie frei von jeglicher Erinnerung.


Zwei Tage später las sie in der Zeitung die Meldung des örtlichen Polizeisprechers, der von einem Unfall im Börsen-und Bankenviertel sprach. Ein Toter und drei Schwerverletzte waren aus zwei, aus ungeklärter Ursache miteinander kollidierten, Wagen geborgen worden. Etliche Zeugen hatten jedoch geschworen, dass eine Frau vom Dach des Bank-Hochhauses gefallen wäre.
Einen Damenmantel hatte man gefunden…

„Es war eindeutig menschliches Versagen! Oder glauben Sie etwa, dass sich in unserer Stadt Engel herumtreiben, die von Dächern herab schweben, altmodische Mäntel verlieren und sich dann in Luft auflösen?“ lautete der gedruckte, spöttische Schlusssatz des Polizeisprechers



  
Der Daimler raste über die Autobahn. Nur wenige andere Autofahrer waren unterwegs in der Finsternis. Er konnte also Gas geben. Dass es in Strömen regnete, konnte ihm egal sein. Die Mittelstreifen der Fahrbahn lag wie ein mit dem Lineal gezogener Strich da.

„ Fahr’ ich zu schnell?“ 

Die etwa 30-jährige Frau in dem aufreizenden Cocktailkleid und dem blondierten Haar neben ihm starrte mit weitaufgerissenen Augen in die Nacht, antwortete aber nicht. 

„ Soll ich noch ein wenig Gas geben, meine Schöne?“ Ein hämisches Grinsen erschien auf den schlaffen Gesichtszügen des etwa 60 jährigen Mannes. „ Du bist doch sonst so für Tempo im Leben. Wolltest doch unbedingt ein repräsentatives Auto. Am liebsten wäre Dir ein Porsche gewesen.“ Er konzentrierte sich auf die Fahrbahn. 

Die Frau starrte weiter wortlos auf die Straße. Der Schmuck aus Weißgold und Brillianten glitzerte, wenn das Licht eines Fahrzeuges von der Gegenfahrbahn in den Wagen fiel.  

„War es wenigstens schön für Dich, gestern Abend? Oder hat es Dir nicht gefallen, dass unser lieber Rene. … Rene-Darling, wie Du ihn immer nennst, Dich in deinem Kleid bewundert hat? War ja schließlich auch teuer genug. Passt aber wie angegossen. Na ja, eine gute Figur hattest du ja wirklich immer schon. Rene-Darling…“ er äffte in übertriebenen Ton den Klang einer blasierten Edelzicke aus den Kreisen der Oberen Tausend nach. „Rene-Darling, hast Du dir schon die neue Vernissage bei Lorenzo angesehen? Also wirklich, ich finde ja diese jungen Künstler dermaßen faszinierend…“
Mit der Linken strich er sich die graumelierten Haare glatt. Es war mehr eine Routinebewegung. Der Friseur hatte einen  perfekten Schnitt hinbekommen.

Dann sah er sie von der Seite an.  

Immer noch kam keine Reaktion von der Frau. 
 
Der Mann nahm die rechte Hand vom Lenkrad und tätschelte das Knie der Frau.

Sie schwieg.

„Wie du Rene um den Bart gegangen bist, alle Achtung! Hat mich an früher erinnert, als Du versuchtest, mich einzufangen. Ist dir ja auch gelungen, wie alle Welt weiß. Der große, unabhängige Bankier und die schöne, junge Studentin. Ha, wenn die Welt wüsste, dass Du niemals studiert hast, sondern putzen gegangen bist! Aber im Vorspiegeln falscher Tatsachen warst Du schon immer groß, mein Schatz.“  

Er trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Die Polder der Leitplanken verschwammen zu einem einzigen metallisch glänzendem Band im Scheinwerferlicht.  

„Nur als ich deine Schauspielkunst gebrauchen konnte, da hat die feine Dame sich mokiert. Von wegen Betrug und die armen Bankkunden ... dass ich nicht lache! Als wenn Dir jemals eingefallen wäre, einem Bettler einen Euro zuzustecken. Selbst bei Wohltätigkeitveranstaltungen deiner Freundinnen hast Du dich geziert, einen Scheck herauszurücken. aber jede Woche ein neues Kostüm, ein Schal von Lagerfeld und eine Tasche von Gucci. Du hattest doch nur gezittert vor der Aussicht , nicht mehr in Saus und Braus leben zu können, wenn die Sache auffliegt. Du hast immer nur aus reinem Selbstinteresse gehandelt. Immer!“

Die dicken Tropfen pladderten ungerührt auf die Windschutzscheibe und ließen die Autobahn immer mehr verschwimmen. 

„Hättest Du nicht einmal in deinem Leben etwas für mich tun können? Die Leute von der Bankaufsicht ... egal, vorbei ist vorbei. Soll ich noch ein klein wenig mehr Gas geben, meine Süße? Du kennst doch keine Furcht.
So wie Du dich mit deinen zahlreichen Liebhabern vergnügt hast, vor meinen Augen – also, das war schon wirklich furchtlos. Dachtest Du wirklich, ich würde es einfach so geschehen lassen, dass Du mich betrügst? Ich kenne nämlich die Angst. Mein halbes Leben besteht aus Angst. Früher hatte ich Angst, nicht erfolgreich zu sein. Ich habe geschuftet, von der Pieke auf gelernt. Ich habe alles gemacht, um Karriere zu machen.
Angst ist schrecklich, sie nimmt dir die Lust am Leben. Sie zwingt dich zu Taten, die du nie begehen wolltest. Dann hatte ich Furcht, das Erreichte zu verlieren.
Da staunst Du, nicht wahr? Der große Bankier ist ein winselnder Angsthase! Als Du auftauchtest, … auch da hatte ich Angst. Dich nicht halten zu können. Wie sich schnell herausstellte, war meine Furchtsamkeit nicht unbegründet. Wenn Du Dich doch nur einmal für mich und meine Dämonen interessiert hättest ….“ 

Er öffnete das Fenster an der Beifahrerseite mit einem Knopfdruck. 

Der kalte Wind peitschte in den Wagen, zerzauste die Frisur der Frau und trieb ihr die Regentropfen ins Gesicht. 

„Tja, ich hatte Angst. Angst, allein zu sein. Ohne dich. In meinem Alter ist es schwer, eine neue Beziehung einzugehen. Besonders dann, wenn man einen Bankrott hingelegt hat. Weißt Du, ich verrate dir jetzt noch etwas: ich war bei meinem Arzt. Dich hätte es wahrscheinlich gar nicht interessiert. Du hättest gelangweilt deine Nägel weiter lackiert.
Aber jetzt musst du mir zuhören.
Hättest Du die Bank gerettet, wärst du bald eine gemachte Witwe gewesen. Der Arzt gibt mir maximal ein halbes Jahr. Darmkrebs. Endstadium. Schon lange habe ich Schmerzen. Ich nehme Morphin. Immer mehr. Auch ein Grund mit für meinen Bankrott. Ich wollte leben. Aber mein Leben unter den Schmerzspritzen und Tabletten war wie ein Leben unter einer Taucherglocke. Oft bekam ich gar nicht mit, was meine „ Freunde“ in der Bank alles taten. Nur um ihre eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Jetzt bist du überrascht, oder? Seltsamerweise habe ich jetzt gar keine Angst mehr vor dem Tod. Vor allem anderen, ja ... aber nicht vor dem Tod, mein Schmuckstück.“

Er lenkte den Wagen ein wenig nach rechts. Im Scheinwerferlicht tauchte eine Brücke auf.  

„Imposant, diese Brücke, meinst du nicht? Früher hatte ich immer Bammel, drüber zu fahren. Höhenangst und so. Ist ja auch enorm hoch – und lang. Hier haben sich schon etliche Selbstmörder runtergestürzt. Da unten im Tal, da wohnen sogar noch Menschen direkt unter der Brücke. Jetzt ist es ja dunkel, aber im Hellen sieht man den Bauerhof und einige Nebengebäude. Muss doch schlimm sein, wenn du morgens aus dem Haus kommst, und eine zerschmetterte Leiche vor der Tür findest, oder was glaubst du? Andererseits zwingt sie ja auch niemand, hier wohnen zu bleiben.
Aber warum mache ich mir darum Gedanken? Mir kann es schließlich egal sein. und Du hast auch noch nie einen Gedanken an das Wohlergehen anderer verschwendet, oder? Mir gehen solche Sachen nicht so leicht ab wie Dir. Hoffentlich hat es Dir nicht allzu wehgetan. Eigentlich soll es schnell gehen. Nur der Einstich piekt ein wenig. Aber die Schlaftabletten in deinem letzten Cocktail zuhause hatten ja schon gewirkt. Weißt Du, ich habe Dich wirklich geliebt. Du sahst aus wie ein Engel, als ich Deine Füße auf die Couch im Wohnzimmer hochgelegt und ein Kissen unter deinen Kopf geschoben hatte.

Ich kann auch im Tod nicht auf Dich verzichten, mein Diamant. Wahrscheinlich komme ich eh’ in die Hölle. Wenn es sie denn gibt. Aber egal, wo auch immer ich landen sollte, ich hätte weiter Angst. Dass Du mich vergisst. Deshalb nehme ich Dich mit auf meine lange Reise … ich kann dieses Grauen nicht mehr ertragen. Verzeih mir bitte…“

Keine Antwort.

Mittlerweile hatte er den ersten Brückenkopf erreicht. Der Seitenwind wurde noch stärker, er brauchte alle Kraft, um den Wagen einigermaßen geradeaus zu steuern. In der Mitte der Brücke nahm er die Hände vom Lenkrad, beugte sich zu der Frau hinüber und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die eisig-kalte Wange. Während der Wagen auf das Brückengeländer zuraste, lehnte er sich in seinem Sitz zurück und schloss die Augen ...

Der Notfall-Arzt starrte auf die beiden Leichen, welche die Rettungskräfte mühsam aus dem Wrack unter der Brücke geborgen hatten. Sie sahen aus, wie Unfallopfer immer aussahen, schrecklich. Meist fingen die Autos auch noch Feuer, wenn sie unten aufschlugen. Er war sich nie ganz sicher, was schwerer für ihn zu ertragen war: der Anblick verkohlter Leichen oder die zerschmetterten Körper der Selbstmörder.

Vermutlich waren der Bankier und seine Frau angeheitert von irgendeiner Schickimicki-Veranstaltung gekommen. Solche Leute hatten ja das nötige Kleingeld und auch die Zeit dazu. Er kam mit seinen Diensten ja noch nicht einmal dazu, mit seiner Frau ins Kino zu gehen. Aber diese Menschen, Bankiers, Rechtsanwälte … das alles waren sowieso in seinen Augen Personen, die ohne Rücksicht lebten. Denen war es herzlich egal, ob sie womöglich betrunken nicht nur sich, sondern auch andere in Gefahr brachten. Glaubten tatsächlich, sich alles erlauben zu können. Die Polizei und er mussten dann die Drecksarbeit machen und …

Schade war es um den Wagen, ein Traum, dieser Daimler. Sicher mit allem möglichen Schnickschnack ausgerüstet. Nur nicht mit einer Vorrichtung gegen Trunkenheit am Steuer… Oft hatte er sich gefragt, was in den letzten Minuten und Sekunden in den Köpfen der Toten, die er am Fuß der Brücke untersuchen musste, vorgegangen sein musste. 
 
Woran hatten sie gedacht, die Selbstmörder?
Hatten sie geschrieen und den Tod  noch in letzter Sekunde doch noch zu verhindern gesucht…? 
Oder waren sie willig ans Sterben gegangen? 
Hatten die Autofahrer und ihre Begleitung im Anblick des sicheren Todes noch miteinander gesprochen?
Hatte es Vorwürfe gegeben, weil der Fahrer…?
Waren die letzten Sekunden des Lebens mit Streitereien vergeudet worden?  

Die Anwohner unter der Brücke hier taten ihm herzlich leid. Dachten diese Selbstmörder und Raser eigentlich nie daran, was sie denen antaten? Er war schon so oft hier gewesen, hatte sich zwangsläufig mit der alten Bauernfamilie unterhalten müssen. Die Söhne waren schon lange vom Hof gegangen, nur die Alten konnten und wollten nicht weg. Seit 5 Generationen war der Hof in Familienbesitz. 

Der Arzt gab den Leuten vom Bestattungsunternehmen das Zeichen zum Abtransport ...

                                                                              






Ich erwache inmitten eines mit Satin und Seide bezogenen Prunkbettes. Die Möblierung des Schlafgemaches besteht aus den uralten, zum Teil geschmacklosen, Erbstücken meiner Vorgänger(innen). Da ist z.B. der abgesessene Lieblingssessel von Tante Gertrud, nach Mottenpulver riechend, - die Haare von deren altem Perserkater Wilhelm dem Sechsten sind auch noch drauf. Die schnarchenden Töne aus den Untiefen des Bettes kann ich erst nach einigem Wühlen zuordnen. Sie gehören meinem Ehemann. Erleichtert atme ich auf … wenigstens hat sich nicht alles verändert.

Der Butler tritt ein. Trotz des devoten Auftretens erahne ich in seinen tückisch blitzenden Augen den Neid und den Widerwillen, mit dem er mich Schmarotzer (schließlich lebe ich von seinem und des Volkes Geld äußerst gut) umwieselt. Duftet der Kaffee nicht etwas anders als sonst? Leide ich unter royalem Verfolgungswahn? Vorsichtshalber wecke ich mein Ehegespinst und lasse ihn den Kaffee vorkosten.  Er überlebt ohne Schäden, schläft aber wieder ein. Warum auch nicht: schließlich haben die Politiker der Vergangenheit zehnmal schlechter regiert als ich. Ich stehe zu meinem Wort, nicht so wie dieser olle Adenauer oder dieser Westerwald … äh … Westerwoge ... Westerwelle! Kann ich etwas dafür, dass die Worthülsen meiner Regierungserklärungen aus Bananenschalen bestehen?

Nach der Morgentoilette und einem kleinen Frühstück, allein im riesigen Speisezimmer, tauchen auch schon die ersten Minister auf. Jeder hat Wünsche. Jeder meckert. Alle glauben, ihre Ressorts seien die Wichtigsten.  Mit einem kurzen Handstreich schicke ich erst einmal alle aus dem Zimmer und diktiere meinem Sekretär (aus Kostengründen habe ich meinen mittlerweile aus seinen Träumen erwachten, aber immer noch müden Ehemann dazu abgerichtet) folgendes:

1. Geld wird mit sofortiger Wirkung abgeschafft. Hat in Zeiten von Wirtschaftskrisen eh keinen Wert mehr, entlastet die Umwelt, weil keine Bäume mehr abgehackt werden müssen und die Edelmetallvorräte der Erde geschont werden. Die nutzlosen Scheine können wahrlich wertvollere Dienste als Komposttreibmittel leisten. Braunes Münzgeld wird eingeschmolzen und zu Handschellen für jugendliche Straftäter, alternde Exhibitionisten und immer junge Steuerflüchtlinge verarbeitet. Die silbernen Münzen sind vorbehalten für Wirtschaftskriminelle aus den oberen Führungsetagen der Konzerne. Nobel geht die Welt zugrunde...

2. Jeder bekommt einen Arbeitsplatz. Ob er will oder nicht! Erst recht wird nicht mehr nachgefragt, als WAS jeder arbeiten möchte. Berufsberatung wird abgeschafft-Deutschland ist dermaßen allgemein ungebildet, dass selbst die Frage nach der potentiellen Tendenz in punkto Erwerb einer fachlichen Kenntnis zum Behufe der Garantie der Lebensunterhaltungskosten nicht verstanden wird und dementsprechend zwecklos ist. Wer sich allen Maßnahmen widersetzt, wird zwangsweise zum Bänker ausgebildet. Oder in die Führungsetage von GM befördert.

3. Die Nach-Frage meines Sekretärischen Ehemannes, wer denn jeder sei, etwa auch 80 Jährige und Säuglinge, übergehe ich. Ab sofort wird überall geputzt, gebaut, gepflegt und so weiter, auf Teufel komm raus. Dann kann sich wenigstens keiner mehr beschweren, er hätte keine Arbeit. Lohn gibt es in Form von Naturalien. Schweinshaxen für körperlich Arbeitende, Bananen für Büroangestellte. Überstunden bedeuten Extrarationen. Tauschen der Rationen unter den Berufsständen ist nur mit Genehmigung der "Bananenhaxnkommision" statthaft.

4. Ausländische Arbeitnehmer werden nur noch in unmittelbarer Nähe der Heimatgrenzen beschäftigt. Dies verkürzt ihre Wege nach Hause und außerdem kann man sie viel leichter und kostengünstiger wieder abschieben. Die neuen Bundesländer eignen sich für Polen und Russen, Italiener werden nur noch in Bayern geduldet. Bären nirgendwo!

5. Jeder erhält einen Ausbildungsplatz. Wofür ist egal, Hauptsache, er lernt etwas! Pisa wird überflüssig, da es völlig unwichtig ist, ob der Wissenschaftler ein Vollabitur besitzt oder nicht bis drei zählen kann. Sie benutzen eh’ für alles PC und Taschenrechner.

6. Die Steuern werden vereinfacht. Jeder erwachsene Bürger bezahlt ab sofort in Naturalien. Der Bau neuer Silos und Lagerhäuser kurbelt die Bauindustrie an, Subventionen für die Landwirtschaft werden unnötig.

7. Banken werden direkt den Silos und Lagern angeschlossen. Dort kann man dann ein Haxen oder Bananen-Konto eröffnen. Außer in Zypern, Griechenland, Portugal, Spanien. Da gibt’s Oliven-Kontos. Der Umtausch von Bananen (z.B. für einen Urlaub in einem der Olivenländer) erfolgt nur über kalte (Er-)Pressung. In den jeweiligen Ländern…

8. Da es o.a. Bananen nur im Ausland einzukaufen gibt, wird ein Kontrakt mit Südamerika und Afrika geschlossen, dass Entwicklungshilfe (bestehend aus Weizen, Kohl u. ä.) ab sofort gegen Bananen-Lieferungen geleistet wird. Somit muss die Landwirtschaft endlich nicht mehr gesponsert werden. Bierdeckel zur Berechnung der Steuerlast sind ebenfalls unnötig.

9. Wer krank wird, geht zuerst zum Friseur seines Vertrauens. Das hat im Mittelalter geklappt, warum also nicht auch heute? Erst wenn der mit seinem Latein am Ende ist, wird der studierte Mediziner konsultiert. Zahnersatz wird nicht mehr benötigt, schließlich gibt es Tausende von schmackhaften Suppen- und Breirezepten!

10. Mindestens ein Kind ist Pflicht bei Eheleuten. Sollte aus biologischen Gründen dies mal nicht zu bewerkstelligen sein, muss Mann oder Frau einen Seitensprung begehen (vielleicht klappt es ja auch mit dem Nachbarn?).

11. Schulpflicht bis zum 25. Lebensjahr. Und zwar von 7 Uhr morgens bis 20 Uhr abends. Die Bälger sind von der Straße runter, die Lehrer tun endlich was für ihre Bananen und Pisa kann die deutsche Nation nicht mehr schrecken. Mütter können sich auch nicht mehr beklagen, sie müssten wegen der Kinder auf ihre Karriere verzichten. Auch in die Terroristenszene können die Kinder nicht mehr abrutschen, weil sie gar keine Zeit für das Googeln von Bombenbauanleitungen haben.

12. Medien berichten nur noch Gutes, Schönes und Edles. Und im Fernsehen laufen statt politischem Kabarett nur noch alte Western, Liebesfilme aus den 30ern und Rosamunde Pilcher. An Feiertagen gibt’s auch schon mal einen alten Krimi mit Eric Ode. Oder Edgar Wallace.

13. Nur noch Fahrräder oder die Deutsche Bahn. Das spart Energiekosten, macht meine Untertanen fit für den täglichen Kampf um Bananen und Haxen und führt durch die Steigerung der tödlich verlaufenden Zusammenstöße (Helme sind auch verboten) zu einer Schonung der Rentenkasse. Autos werden OHNE Prämie zwangsweise abgewrackt.

14. Autos werden verboten, lediglich für die Entlohnungsmittel sind Transport-Bewilligungen erlaubt. Allerdings unter massivem Polizeischutz und in Hochsicherheitsbehältern.

15. Dividenden und Provisionen für Bänker, Vorstände und ähnliches "wichtiges" Personal wird nur in Bananenblattform ausbezahlt. Papier bzw. Blätter sind geduldig...zudem sind Anleihen, Verpfändungen usw. eh schneller vergammelt, als sich mein gemeines Volk und vor allem die "sicheren" Anleger sich denken können. Wo es keine Beweise gibt... . Entsprechend kurz werden die Wartelisten bei den Insolvenzverwaltern, Gerichten etc. Mein Volk und die Richter können sich voll und ganz auf die Austragung von nachbarschaftlichen Streitigkeiten über das ungehinderte Wachsen von "Zweiblättrig gefüllter Dinkelherzzeitlose" über den Rand der Bebauungsgrenze konzentrieren.

Ich werde beim Diktieren unterbrochen, weil mein Haushofmeister mir dringend die neuesten Skandalgeschichten von Cousine Lisabeth und deren englischen Bagage berichten muss. Was bin ich froh, dass meine Kinder aus dem Teenager-Alter raus , weder Reitsport-interessiert noch darauf aus sind, als Mann in karierten Röcken durch die Gegend zu streifen. Natürlich auch, dass sie nicht so Segelohren haben wie Lisabeth’s Blagen!  Nach dem Mittagessen, Bananen-Souffle, vertreibe ich mir die Zeit mit dem Schreiben eines Berichtes. Schließlich verlangen meine Untertanen so eine Art Arbeitsnachweis. Als ob die zu schätzen wüssten, dass ich mich z.B. in zwei Stunden angesichts endlos quälender Vorträge diplomatischer Abgesandter mühsam wach halten muss, bei langweiligen Banketten vor lauter höflichem Grinsen eine Gesichtslähmung riskiere, dem französischen Staatchef die Marseillaise vorsummen soll (dabei kann ich gar nicht Französisch sprechen) und zudem noch zusehen muss, wie ich diesen heruntergekommen Palazzo Prozzo (meinen Regierungssitz) nur mit der kümmerlichen Zuteilung an Bananendeputat bewohnbar halte.  Erst am späten Nachmittag finde ich die Zeit, mich mit einigen Petitionen näher zu befassen. Eine Frau Künast fordert energisch, japanische Bananentransporter zu kaufen, da diese angeblich umweltverträglicher sind. Andere bitten mich, doch endlich die Schließung der unrentablen Schweinshaxen-Zuchtbetriebe zu veranlassen, man könne schließlich problemlos auf die preiswertere Produktion von Hähnchenschenkeln umsteigen.

Spät in der Nacht sinke ich erschöpft in meine Kissenberge aus Satin, entferne eine dieser verdammten Bananenschalen von der Zudecke und träume in den Armen meines angeheirateten Sekretärs davon, wie schön es wäre, ein ganz normaler Bürger zu sein…

Hochachtungsvoll, Ihrer aller Königin Sabine I.

Gewidmet Herrn U. :)



Wenn ich in der Dusche steh’

Und mich in den Fliesen seh’

Denk ich an die alten Zeiten

Denen folgten Fett und Pleiten

Damals war ich rank und schön

Davon ist nun nix zu sehn

Rettungsring und Doppelkinn

Dicker Hintern, eingewachsner Ehering

Auch das Haar wird langsam licht

Dafür gibt es Falten im Gesicht

Cremes und Salben helfen nicht

 
Denn es bringt das Tageslicht

Leider allzu deutlich auf’s Tablee

Meine Schönheit ist passe

Nur in der dunklen Nacht

Richt’ ich die Haarpracht

Setz auf das neueste Toupet

Und räkel’ mich auf’ m Kanapee

Lasziv und lächelnd lockend

Den Angetrauten schockend

Versuche ich noch was zu retten

Ihn hin zulotsen in die Betten

 

Andrerseits, das ist zu sagen

Quälen ihn auch manche Plagen

Der Bauch, der ehmals flache, wächst

Bei ihm das Kniegelenke ächzt

Und auch die Beine sind nicht toll

Mit Besenreißern sind sie voll

Da lob’ ich mir Orangenhaut

Mit Vitaminen aufgestaut

An meine Krähenfüße lass ich dann und wann

‚Nen ausgefuchsten Kameramann

Der retuschiert und macht mich schön

Kriegt dann dafür ein Dankeschön

 

Ich lebe gern in meiner Haut

das Spiel hab ich schon lang durchschaut

Wer immer nur auf’s Äußre schaut

Hat nie in Seelen reingeschaut

Denn meine und auch seine Seele sind

Mit viel Verlaub gesagt, gelind

Viel schöner als ein Mannequin

Wir sind einander ein Gewinn

Wir haben manchen Sturm bestanden

Sind aus Ruinen auferstanden

 

Mit Schönheit nur war das nicht machbar

Denn „Beauty“ ist nicht sehr belastbar

Ich mag mich so, wie jetzt bin

Brauch keine Apothekerin

Und er, er braucht sich nicht verbiegen

Nicht jedes Grämmlein abzuwiegen

Wir werden zusammen in Ehren alt

So ist nun mal der Sachverhalt

Denn Liebe nur macht ganz allein

Aus Enten schöne Schwänelein…



Hörren Se ma, also...ich hab ja sowat vonne dicke Krawatte...dat tun Se nich glauben!

Nich, weil ich erkältet wär - , ich hab die Fies-Grau-Faxen! Bei sowat tut nur jede Menge Klaren un Hühnerschnaps un in ganz hoffnungslose Fälle ein bissken 4711 helfen. Auch wennet aus Köln kommt, dat beruhigt! Vielleicht ham dat die Leute anne U-Bahn da ja auch geschnüffelt... Bei uns fährt se jedenfalls noch, die Dui-U-Bahn. Hört sich ein bissken wie Dubai an, wat? Dabei hammer hier in Duisburch garantiert keine goldene Wasserhähne inne Hotellerien. Un auch kein Palmenstrand, aber macht nix. Die Wedau is ja groß genuch, da kannste dich deine Aufblaspalme mitnehmen. Nur mitte Schulden, da können wir mithalten.

Wo war ich...Ach ja...also...Ers ma isset draussen immer noch nich am frühlingen. Also is auch nix mittem Sprossen vonne Hormone bei Mensch un Tier. Obbet bei Blümkens auch sowat gibt , weiß ich nich genau, aber is auch egal. Da kommt nix. Kannste lauern wie du wills.

Apropos Hormone: nich datt Se meinen ich hätt keine mehr. Ich halt dat Ganze nur unter Kontrolle. Die einzige, die sich nich vonnem Wetter vonne Sexualität ablenken lassen tut, is meine Katze. Ich sach Ihnen, wenn ich immer so janken tät, weil mich mein Herbert nich beachten tut, weiller mittem Winterputz bei seine Eisenbahnfreunde beschäftigt is - also, die Nachbarn würden die Polente holen! Aber dat wollt ich gar nich erzählen...ich war ja bei die Fies-Grau-Faxen. Wat Grau is, wissen Se, dat weiß ich!

Trotzdem sach ich Ihnen ma wat Tiefschürfenderes da drüber. Besser is besser.
Dat gibt ja verschiedene Arten vonnem Grau.

Ersma gibbet da dat Arztgrau. Kennen Se doch, da fühlen Se sich ein bissken krank un gehn zum Doktor. Weil, der soll Ihnen wat verschreiben gegen dat Kranksein un außerdem isset da immer so, dattse garantiert die olle Schiebowsky treffen innem Wartezimmer. Die is besser als wenn Se den Lokalteil vonne verfügbare Tageszeitungen durchackern. Un wer gestorben is, dat weiß die schon, bevor die Angehörigen dat wissen! Un watt kriegste, außer dat dein Portemonaie um 10 Euro leichter is? Grauen Fussboden, graue Schränke un meist auch graue Wände. Wobei die eher son inne Jahre gekommenes Weiß tragen. Nich zu reden vonne ganze graugelockte Pudelfrisur-Patientinnen. Wenn Se ganz viel Pech haben, dann is ihr Doktor auch nah anne Golf-Vollzeit-Beschäftigungsgrenze un hat nix mehr vonnem Adonis, sondern is auch grau anne Haare un innem Gesicht. Wenner denn noch Haare hat. Also, der Herbert, der is ja obenrum ganz kahl...

Schönet Grau gibbet auch, ehrlich! Wenne zum Bleistift dein Auto inne Waschstrasse hattest, dann is dat danach wieder schön grau. Natürlich nur, wenne sowieso nen graues hattest.Wennet rot oder grün war vorher, dann is dat eher nen Fall für die Versicherung. Un dann isset auch kein schönes Grau!
Aber wennet morgens hell wird un der nebel über die Felder kriechen tut - dat is SCHÖN Grau. Steckt ja schon innem Wort drin: Morgen-GRAU-en.

Oder son silbrigen Teekessel. Der is auch schön-grau. Im Gegensatz zu dein Spiegelbild, wenne zu spät inne Kiste gegangen bist. Die grauen Innenteile vonne Spülmaschine sehen auch schön aus. Auch wenn se aussem gleichen Plastik sind wie die vonne anderen Hersteller. Nur dat die weiß sind. Billich weiß, wenn Se wissen, wat ich mein. Die grauen Teile sehen irgendwie mehr nach wat Haltbarem aus. Dat heißt also: manche vonne Spülmaschinen haben nen schönes Innenplastik-Grau un andere nich.

Dann gibbet noch dat Fies-Grau. Is klar, oder? Fies un Grau in einem. Wenne morgens verpennst, die Kaffeemaschine nen Leck hat, der Kühlschrank leer is - un dann unten im Keller noch nen Rohrbruch is - dat is ein fiesgrauen Morgen! Dat Leben sieht dann ein bissken aus wie Mäuse. Die hasse auffem Balkon un deshalb weißte, wie grau die sind. Wenne dann noch vonne Tante enterbt wirst ...dann tut dich dat GRAU-en, aber sowat von!

So...Grau wär abgehandelt, dat Fiese auch...bleiben noch die Faxen. Dat is...wie soll ich dat erklären...wenne Grimassen schneiden tus, als wenne nich mehr die komplette Kollektion vonne Sammeltassen von Tant Tine beinander hättest...watte ja noch hast, du tust ja nur so...- also dann machste Faxen. Oder wenne sonne Kriminalitäten machst. Autoklauen un so. Dann sacht deine Mutter zu dich: „Jung, wat machse nur für Faxen?", weil dat ja nich gerade erhebend für sonne Mutter is, wenn dat Kind innen Bau muss un se noch mehr grauen Haare kriegen tut.

Tuste son Schreiben mittem Faxgerät irgendwo hinschicken, dann is dat nich Faxen machen, sondern nur faxen. Auch wenn die Geräte dafür meistens grau sind.

Wat dat alles mit mein dicken Hals zu tun hatt? Na, mein Herbert hat heut morgen innem Badezimmer zu mir gesacht, dat ich ihm zu grau wär. Er hätt die Faxen dicke un datter zu die Cordula ziehen würd, die aussem Eisenbahn-Club.
Also, wenn dat nich FIES von dem is un ich mich nu so richtig GRAU fühlen tu jezz, wenn der sonne FAXEN macht ... dann weiß ich dat auch nich...




Jetzz sagen se nich, Sie hätten noch nie wat vonne Dolomiten-Röhre gehört! Zumindest wenn Se innem Rhein-Ruhrland wohnen - oder noch besser sogar hier geboren sind- dann kennen Se den: Konrad Beikircher.

Wobei dat ja eigentlich nen Ausländischen is. Aber hier anne Ruhr un innem »richtigen« Rheinland, da sind wir tolerant un ausländische Menschen sind immer willkommen. Ausser, die tun sich nich benehmen, da sind wir knallhart. Wat bei dem Beikirchner aber nu wirklich nich der Fall is. Im Gegenteil: der is fast noch rheinischer als son Durchschnitts-Bucht-Bewohner. Ich mein natürlich die Kölner Bucht, un die Gegend drumherum. Die Leutkens da meinen ja, sie wären die einzig richtigen Rheinländer un alles, wat ein bissken nördlicher liegt, wären eben nur »Pseudo-Rinnländers«. Da tun die sich aber fürchterlich irren. Zumindest in Duisburg bisse wie son ethnologischen Pfanniknödel: halb un halb, aber richtich lecker. Un der Rest, Richtung Holland den Rhein runter, is ja nu wohl Rheinland vonnem Feinsten. Ohne dat ganze Gedöns ummen Dom, versenkte U-Bahnen un so.

Worum dat eigentlich geht, dazu komm ich nu. Also...
Den Beikircher tun Se bestimmt aussem Fernsehen oder sonst woher kennen. Dat is nen Südtiroler, der Italiener is, obwohl der Deutsch spricht. Datter kein echten Italiener is, siehste ja schon am Namen. Ich hab jedenfalls noch nie nich nen Ristorantebesitzer oder nen Pizzabäcker getroffen, der Konrad heisst. Vonnem Beikircher (wahrscheinlich haben dem seine Vorfahren bei die Kirche gewohnt? Wer weiß dat schon...) ma ganz zu schweigen. Datt mitte Staatsbürgerei hat wat mittem Krieg zu tun. Italienisch kanner auch. Klar.

Un weil der ausse dolomitische Berge sich aus irgendwelche Gründe hat nach Bad Godesberg verschlagen lassen (wat hat den da nur geritten, dat arm Dier), also – seitdem is der vonne Denke un vonne Mundart rheinischer als so manchen Eingeborenen da. Wenn Se wirklich ma wissen wollen, warum Kölner, Bonner un ein bissken auch Duisburger so ticken, wie se nu ma ticken, dann gehen Se inne Vorstellung von dem! Da fühlste dich ein bissken, als wär der olle Hüsch hinterm Vorhang, so mittem vonnem Höcksken auffet Stöcksken kommen, ganz viel vonne rheinländische Spitzfindigkeit, un dat alles gewürzt mit ne Prise italienisch-(ehemals-deutsch)-südtiroler Lebens-un Fabulierlust. Aber wat erzähl ich Ihnen, dat wissen Se ja...

Wat Se aber vielleicht nich wissen, dat is, dat der Mann auch singen kann. Ich mein jezz nich so Arien oder so. Nee, der singt Lieder vonnem Celentano, natürlich auf italienisch. Hach, ich könnt denen stundenlang zuhören, also dem Celentano un dem Beikircher. Wat nich heisst, dat der Adriano mit dem gesungen hat. Aber is auch egal. Auf jeden Fall isset so, datt der Beikircher den nich nachmacht. Wär ja blöd, un dat isser nich! Der hat nen Psychologie-Studium gemacht - sogar mittem Abschluss! Wat erklärt, warum der weiß, wie dat hier so läuft. Der erklärt dich die rheinische Seele so, datte dich wiedererkennen tus. Richtich gearbeitet hatter auch in sein Beruf un is innen Knast gegangen. Nee, nich wat Sie denken, dat war ja kein Bänker. Wobei die ja auch nur inne seltenste Fälle ma...

Wo war ich? Bei die Singerei. Ich sach Ihnen, wenner „Una festa sui prati“ schmettern tut oder „Azzurro“, dann tut Ihnen dat Herz aufgehen! Dann sehen Se sich anne Adria rumliegen un inne Sonne blinzeln. Dat macht einfach Spass inne Backen!
Aber der Beikircher tut auch anderes singen. Liebeslieder. Auf italienisch natürlich. Wenn der Jaques Brel nich nen Franzose gewesen wär, ich sach Euch, der hätte seine helle Freude an die Lieder gehabt. Un der Becaud hätt sich verbeugt. "Amore e passione", allein diesen Titel verspricht doch wohl schon alles, oder?

Oder rheinische Lieder. Die singt der auf Deutsch. Obwohl...“Warum isset am Rhein so schön“ auf Italienisch...wär ma ganz interessant, oder? Dann hätten die Italiener auch ma wat zu lachen un müssten nich immer ihren Präsidenten dafür nehmen. Vielleicht wär dat ganz gut, wenner sich annen CD-Titel halten würd: "...und singt ein Lied dabei"

Gedichte vonnem Wiener Literaten H. C. Artmann
hatter auch vertont. Da isser drauf gekommen, weiller in Wien hat studieren wollen, aber nach eigene Aussagen hat dat nich geklappt, den Wein, die Kaffeehäuser un wat dat da sonst noch so gibt, mittem Vorlesungsplan übernander zu bringen. War aber nich schlimm, is ja auch so wat Gutes aus dem geworden. Ich mein ohne österreichischen Studiumstitel. Vielleicht waret ja sogar besser so...

Überhaupt is der Beikircher nen richtich freundlichen Mann. Mit noch jede Menge Interessen. Klassische Musik hat dat dem auch angetan, Bücher tut der schreiben. Un natürlich auffe kabarettistische Bühne stehen un den zehnten Teil vonne „Rheinische Triologie“ darbieten.

Wie gesacht, dat is nen Netten. Der hat nich nur die italienischen Texte auffe CD innen drin, sondern auch in Deutsch. Da kannste nämlich ma merken, dat der Celentano eigentlich nur Liebeslieder geträllert hat. Un wann hasse dat schon ma, datten Künstler in seine Pause vonnem Programm sich Zeit für sein Publikum nimmt? Die meisten tun doch lieber wat verschnabulieren un legen signierte CD‘s innet Foyer. Aber dat haben die dem in Südtirol, als der mit seine Band inne Flegeljahre da rumgerockt hat, nich beigebracht. Dat war auch gut so! Weil der Beikircher sonne knarzige Sing-Stimme hatte nachem Bruch von dieselbige, un weiller gerne den Celentano gesungen hat, da haben se den eben immer Celenteng-Schmetterer genannt. Oder Dolomiten-Röhre zu dem gesacht.

So, jetzz wisster Bescheid!

Am besten isset, Se kucken ma auf dem seine Webseite www.beikircher.de. Da können Se sehn, wannet den ma in echt zu Sehen un zu Hören gibtt. Oder wo man die CD‘s her kriegt.

Also, dat CaroÄnne is immer noch hin un wech. Seit Dienstach (da warer direktemang neben dem MSV-Stammplatz in Meiderich) schmettern die Lautsprecher schon fast von alleine: „Una festa sui prati...“!

CiaoTschökens!  
 

 




Fragen Sie direkt über das Gästebuch bei mir an, wenn Ihr Lesehunger größer ist. Die hier eingestellten Texte sind noch längst nicht alles. Sie dienen lediglich als "Appetithäppchen"...